Einführung
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Die Wetterprognosen standen gut, es war ein schöner und warmer Frühlingstag angekündigt, ideal um die die
diesjährige Kanusaison zu eröffen. Doch Moment mal! Waren wir nicht bereits im Januar eine Woche unterwegs auf dem
Niger in Mali gewesen? Klar doch! Ausserdem
erinnerten uns die Häufchen an schön gelbem Sand, die ständig noch aus dem Kanusack rannen, an diese
tolle Tour in Afrika. Also dann halt Saisonauftakt auf den heimischen Gewässern. Im Gegensatz zum Niger, suchten wir uns
einen Fluss mit etwas stärkerer Strömung aus und entschieden uns für den Aareabschnitt zwischen Thun und
Bern, eventuell darüber hinaus.
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Tagebuchausschnitte
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Eine herrliche Bergkulisse
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Auf der Zugfahrt von Bern nach Thun grüssten die frisch verschneiten Berge der Stockhornkette im Lichte der morgendlichen
Sonne und wir fragten uns, ob uns dieses Panorama auch auf dem Rückweg auf dem Flusse begleiten würde. Es sollte
sich aber wieder einmal deutlich zeigen, dass der Ausblick aus dem Kellergeschoss ein ganz anderer ist, als noch zu ebener Erde.
Waren sie streckenweise noch durch die winterlich kahlen Bäme entlang des Ufers auszumachen, so kann man annehmen,
dass nach dem Spriessen der Blätter im Frühling diese gänzlich zum Verschwinden kommen.
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Einwassern bei der Schwäbis-Kaserne
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Da die Aare durch die Stadt Thun nicht befahren werden kann, werden die Kanus üblicherweise unterhalb des Stauanlage
bei der Schwäbis-Kaserne zu Wasser gelassen. Bedingt durch Bauarbeiten war der normale Zugang abgesperrt, so dass
wir das Steilufer hinunter rutschen mussten, um den geplatteten Absatz innerhalb des gemauerten Uferbereichs zu erreichen.
Dort hatten wir aber einen idealen Bauplatz, um unser Ally für die Flussfahrt herzurichten und uns startklar zu machen.
Kaum gestartet, hatten wir auch bereits die ersten kleineren Zonen mit Wellen hinter uns zu bringen, was schon einmal zur Folge
hatte, dass die vorne sitzende Sandra ein paar Spritzer des kalten Wassers abbekam.
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Hindernis «Uttiger Schnelle»
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Die Strecke ist leicht, bis auf die «Uttiger-Schnelle» (nach der Eisenbahnbrücke), die ist nur nach
vorhergehender Besichtigung zu fahren - oder zu umtragen.
Reinhard Lutz in «25 Flussfahrten in der Schweiz. Mit Kanu, Schlauchboot, Paddelboot», Werd Verlag
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Eisenbahnbrücke bei Uttigen. Es folgt eine Schwallstrecke mit teilweise hohen Wellen («Uttiger-Schnelle»).
Beste Durchfahrt in der linken Hälfte.
Flussführer des Kanuclubs Bern
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Unmittelbar bei (das «nach» oder «folgt» in den von uns benutzten Beschreibungen des Flussverlaufs war in diesem Zusammenhang ein
bisschen irreführend) der Uttiger Eisenbahnbrücke befindet sich eine Stromschnelle, die zwar relativ kurz ist aber teilweise mit hohen
Wellen aufwartet. Ursache für dieses als «Uttiger Schnelle» bekannte Hindernis, ist das in den Lauf der Aare
eingelassene Fundament einer ehemaligen Eisenbahnbrücke. Für uns kam die Schnelle dann ein bisschen «auf die Schnelle»,
insbesondere da sich ein guter Anlandeplatz unmittelbar unter der Brücke befunden hätte!
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Erste Kenterung in unserer Kanu-Karriere
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Wir entschlossen uns kurzum zur Durchfahrt der Stromschnelle und gingen Sekundenbruchteile später auch bereits Baden. Dass Kentern so schnell
gehen kann, hätte ich nicht erwartet. Es fühlte sich an wie bei einem Ausrutschen auf Glatteis, das Boot wurde seitlich von einer Welle erfasst,
darauf wurden wir rauskatapultiert und das Kanu trieb auch schon Kiel nach oben auf dem Wasser.
Wir fassten das Kanu am Bug und dieses vor uns hin schiebend schwommen wir ins Kehrwasser, um auf die grossen Steine am rechten Ufer zu gelangen.
Das Kanu hatten wir noch im Wasser gewendet,
dann vollständig entladen und schliesslich seitwärts aus dem Wasser gezogen, damit dieses auslaufen konnte.
Bis jetzt hatten wir noch ar keine Zeit gehabt, um die Kälte des Aarewassers wahr zu nehmen, doch wieder auf sicherem Grund entledigten wir uns
der nassen Klamotten und kramten die trockenen Ersatzkleider aus dem Ortliebsack. Die nass gewordene Ausrüstung legten wir auf den Steinen aus, damit sie
bereits wieder etwas antrocknen konnte, während wir noch versuchten, unsere restlichen Sachen zur Weiterfahrt zu ordnen.
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Mittagessen im Belper Campagna
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Auf dem nachfolgenden etwas ruhigeren Streckenabschnitt hatten wir den Belpberg zu unserer Linken. Ab und zu trat dessen Molassegestein bis ans Flussufer
vor und fiel in der Form von Nagelflühen steil zum Wasser ab und gab der Flusslandschaft einen charakteristischen Anstrich. Wir machten flotte Fahrt
und bald einmal tauchte am linken Ufer ein Tipi auf, welches zum Restaurant Campagna
gehört. Wir legten nach der Brücke an, setzten uns zum Mittagessen an einen Tisch auf die Terrasse und breiteten erstmal die noch nassen Banknoten zum
Trocknen aus.
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Aarelandschaft erst korrigiert, dann renaturalisiert
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Zwischen den beiden Städten Thun und Bern wurde der Lauf der Aare weitgehend korrigiert. Auf dem allerersten Abschnitt wurde
der Fluss richtiggehend in einen Kanal gezwängt, in späteren Abschnitten werden Uferverbauungen sichtbar, welche zum Teil
von weitem wie grosse Sandbänke aussehen, sich dann aber beim Näherkommen als eine Kunstlandschaft aus Betonplatten
entpuppen. Daneben gibt es in neuerer Zeit aber auch Bemühungen zu einer Renaturalisierung der Flusslandschaft mit der Schaffung
von naturnahen Auenlandschaften, wie beispielsweise in der Gegend um das oben erwähnte Restaurant Campagna in Belp.
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Annäherung an die Bundeshauptstadt
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Entlang der Spazierwege an den Ufern der Aare und auf den vielen Rastplätzchen am Fluss häuften sich nun die
Erholungssuchenden, ein deutliches Zeichen, dass wir bald in der Stadt Bern sein würden. Noch eine Flussschlaufe beim
Tierpark Dählhölzli und dann hatten wir die Kuppel des etwas pompös wirkenden Bundeshauses auf etwas
höherer Warte direkt vor uns. Wir glitten am Marzilibad vorbei und nahmen die Leuchtanzeige «Wassertemperatur Aare:
7 °C» doch leicht schaudernd zur Kenntnis. Bei unserem unfreiwilligen Bad in der Uttiger Stromschnelle dürfte es nicht viel
wärmer gewesen sein!
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Auf der Aare durch Bern
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Die Stadt Bern wurde von den Zähringern in strategisch günstiger Lage auf einem von drei Seiten von der Aare umflossenen
Molassesporn angelegt. Zahlreiche Brücken, davon die meisten als Hochbrücken ausgeführt, überspannen
den tiefen Graben der Aare. Ihn mit dem Kanu zu durchfahren war äusserst reizvoll, obschon sich das Wetter gerade in diesem
malerischen Abschnitt unserer Tour ein bisschen bedeckt zeigte. Das Wehr unterhalb des Münsterplatzes umgingen wir über
das Schwellenmätteli und konnten alsbald wieder in die Aare einsetzen. Der schönste Abschnitt mit dem Mattenquartier zur
Linken und den Durchfahrt durch die Bögen der Nydegg- und der Untertorbrücken, die vom Stadtzentrum zum Bärengraben
führen, folgte nur allzuschnell. Mit dem Fotographieren musste man eilen, die kräftige Strömung des Flusses trieb das
Boot doch zügig voran. An ein Anhalten war nicht zu denken, und den Pfeilern sollte man ja auch noch ausweichen können.
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Durch die Schlucht aus Molassefelsen
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Der Lauf der Aare in und nach Bern gleicht einem Ausschnitt aus den Windungen eines Darms, die wieder hervorgetretene
Sonne haben wir im kurzen aber steten Wechsel mal im Rücken, mal im Angesicht, dann wieder zu unserer Linken oder Rechten.
Auch landschaftlich ist dieser etwa 15 km lange Abschnitt, auf welchem wir uns nie mehr als 5 km Luftlinie vom Berner Münster
entfernen, sehr abwechslungsreich und schön. Ein breiter bewaldeter Graben ergibt die landschaftliche Grundstruktur, darin
eingelegt sind Abschnitte mit hervortretenden Molassefelsen. Durch die Wasserentnahme beim Wehr in der Enge und der Umleitung
des Wassers durch den Berg zum Kraftwerk Felsenau fuhren wir auf einem Abschnitt, welcher durch viele Kiesbänke charakterisiert
wurde. Es entstanden interessante Strömungsverhältnisse mit kurzen Schwallstrecken und Kehrwassern. Schnitt man
letztere mit dem Boot an, konnte man mehr oder weniger unfreiwillig eine kurze Einlage mit einer Figur aus dem bekannten Kanuwalzer hinlegen.
Bei der alten gedeckten Holzbrücke mit dem passenden (?) Namen «Neubrück» booteten wir aus und kehrten
mit dem Bus zum Berner Hauptbahnhof zurück. Für die nachfolgende Befahrung des langgezogenen Wohlener Sees hätte
die Zeit nicht mehr ausgereicht.
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Thuner Industrie vor der Kulisse der Stockhornkette
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Einwasserungsstelle an der Aare in Thun
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Frühstück in Thun
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Auslege-Ordnung
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Auslege-Ordnung nach Kentern bei der Uttiger Schnelle
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Mit Efeu überwachsene Molassefelsen am Aareufer
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Aarelandschaft mit steil abbrechenden Molassefelsen
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Naturschutzgebiet beim Restaurant Campagna, Belp
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Angelegt beim Restaurant
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Berner Altstadt & Münster
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Das Bundeshaus in Bern
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Das Berner Unterstadtquartier an der Aare
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Die Nydegg- und Untertorbrücke beim Bärengraben
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Markannte Molassefelsen an der Aare bei Felsenau
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