Fatima di Pane

Fatima di Pane – Atemzug

bleiwiis 2013 1. Preis Kat. 2

Der Zug fuhr bald. Elin sass auf dem Bahnsteig, und rauchte. Eine Abschiedszigarette konnte man es nennen. Es war endgültig vorbei. Heute Morgen hatte sie den Wohnungsschlüssel dem Vermieter gebracht. Den Rest des Tages hatte sie in ihrem Lieblingscafé verbracht, ihr letztes Geld für Kaffee und ihre Lieblingsleckereien ausgegeben. Einige Freunde hatten sich manchmal zu ihr gesellt um sich zu verabschieden, doch es war nie lang gegangen, sie waren sehr beschäftigt. Sie waren noch an der Uni, versuchten das Studium zu packen, nicht so wie sie.
Sie schaute einer Familie zu, die ihr Gepäck durch die kleine Zugtür zwängte. Ihr Koffer war zum Glück nicht so gross, sie hatte ja nicht viel. Aber bei dem Gedanken, dass sich in dem Koffer alles befand, was sie besass, wurde ihr etwas mulmig.
Eine Bahnhofdurchsage erklang und kündigte die baldige Abfahrt des Zuges an. Elin schmiss die Zigarette zu Boden und drückte sie mit dem Schuh aus. Zurück zu Hause würde sie nicht mehr so viel rauchen können. Sie war sich nicht mal sicher, ob ihre Eltern wussten, dass sie damit angefangen hatte, aber wenn, war es bestimmt das erste, was sie ihr abgewöhnen wollten.
Sie stand auf, und nahm ihren Koffer. Bevor sie einstieg, warf sie einen Blick zurück, versuchte Abschiedsworte zu finden. Etwas Gutes über diese Stadt zu sagen, über die Zeit hier, aber ihr fiel nichts ein.
Lukas war müde. Er sass auf dem kleinen Bett im Nachtzugabteil, ein Buch auf den Knien. Die letzten Tage waren anstrengend gewesen, lehrreich aber anstrengend. Sein Handy surrte. Eine Nachricht von Alexandra. „Bist du schon im Zug? Wünsche dir
eine gute Reise!“
Er schrieb „Ja“ zurück. Und „Danke“.
Wahrscheinlich hatte sie sich bereits alle Daten rausgesucht, wann er wo war, wann er ankam, wann er endlich wieder bei ihr war. Er grinste, und schüttelte den Kopf. Alexandra.
Auch wenn es keine lange Zeit gewesen war, gerade mal vier Tage, schien es ihm doch, als hätte er sie schon lange nicht mehr gesehen. Er freute sich auf zu Hause.
Die Tür zum Abteil öffnete sich, und riss ihn aus seinen Gedanken.
Der Zug fuhr los. Elin lag auf dem kleinen Bett und hörte Musik. Draussen war es dunkel geworden, das Rattern des Zuges beruhigte sie, und trug ihre Gedanken davon
Kurz überlegte sie sich, ob es nicht nett wäre, morgen jemanden von früher zu treffen, alte Freunde von der Schule, um nicht den ganzen Tag bei ihren Eltern sein zu müssen.
Ein Räuspern.
„Entschuldige“, sagte jemand. Elin öffnete die Augen. Es war der Mann, der mit ihr im
Abteil war. Er sass auf dem Bett schräg oben von ihr. Sie konnte genau zu ihm hochsehen. Elin stellte die Musik, welche aus ihrem Kopfhörer schallte, etwas leiser.
„Was?“, fragte sie.
„Möchten Sie, dass ich das Licht lösche? Ich meine, falls Sie schlafen möchten, hier gibt es nur eine Lampe, also…“, er zuckte mit den Schultern.
„Ist schon gut, ich schlafe noch nicht. Und selbst wenn, ginge das auch mit Licht“
Er lächelte in sich hinein, so als würde er etwas sagen wollen.
„Wo fahren Sie hin?“, fragte er schliesslich.
„Buchs. Und ich heisse Elin“, sagte sie. Sie hatte es noch nie gemocht, gesiezt zu
werden.
„Ich bin Lukas“, er trippelte mit den Fingern auf dem Buch herum, welches er in der
Hand hielt.
Elin nahm ihre Kopfhörer ab.
„Was liest du?“
Er zuckte mit den Schultern. „Marketingstrategien. Nichts allzu spannendes“ Sie lachte. „Du bist also Marketingmensch?“
Er wurde ein wenig rot, was sie nur noch einmal grinsen liess. „Ja, bin ich. Und du?“
Was war sie? Die Frage hallte in ihrem Kopf weiter. Einen Moment lang war sie versucht, die Wahrheit zu sagen, beliess es dann aber doch bei der geschönten Version.
„Ich studiere Slavistik“
„Oha“, er lachte auf, „Und was macht man da so?“
„Osteuropa studieren. Die Sprache, Geschichte, Kultur und so. Ich mag es.“

… das Ende der Geschichte kannst Du im Bleiwiis-Buch 2013 nachlesen.