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2.2.2 Die Prüfkataloge Benutzerdokumentation

Die Benutzerdokumentation für Softwareerzeugnisse ist nach DIN 12 119, Abs. 2.4 ”die Gesamtheit der Dokumente, die für die Anwendung des Erzeugnisses vorgesehen und die zugleich Bestandteil des Produkts sind, unabhängig davon, ob sie in gedruckter oder nicht gedruckter Form vorliegen.” Mit ”Benutzerdokumentation” ist das gemeint, was auch mit Bezeichnungen wie ”Gebrauchsanweisung”, ”Gebrauchsbeschreibung”, ”Bedienanweisung”, ”Betriebsanleitung”, ”Benutzerhandbuch”, ”Benutzungsanweisung”, ”Technische Dokumentation” und ähnlichem belegt ist. Wie in der Terminologie des DIN soll im folgenden auch hier durchgehend die Bezeichnung ”Benutzerdokumentation” verwendet1 werden.

Eine wesentliche Rolle bei der Bestimmung der Anforderungen an die Benutzerdokumentation spielt dabei, daß diese sich im komplexen Verwendungszusammenhang nach jeweils verschiedenen Aspekten einordnen läßt. Sie ist unabhängig von den jeweils anderen Aspekten:
- eine Benutzerinformation zur Handhabung eines technischen Erzeugnisses
- eines von mehreren miteinander verzahnten Bestandteilen eines Software-Erzeugnisses
- ein Arbeitsinstrument für einen speziellen Anwenderkreis, und zwar für blinde bzw. sehbehinderte Personen.
Zu jedem dieser Aspekt sind unterschiedliche Anforderungen zu berücksichtigen, die im folgenden vorgestellt werden.

Benutzerdokumentation als Benutzerinformation
Für den Status des Dokuments als Benutzerinformation gibt die DIN V 8418 ”Hinweise für die Erstellung”, die als Kriterien, bzw. Leitfaden für Kriterien zur Beurteilung von vorhandenen Dokumenten genutzt werden können. DIN V 8418 gibt im Abschnitt 3. und 4 entsprechende Empfehlungen für Gestaltung und Inhalt von Benutzerinformationen.
Zur Gestaltung sagt die Norm in Abs. 3: ”Benutzerinformationen sollen die notwendigen Kenntnisse für den sachgerechten, ökonomischen und sicheren Gebrauch vermitteln [...].”. Innerhalb des Dokuments soll die Gestaltung vor allem die Verständlichkeit fördern, wobei DIN V 8418 folgende Anforderungen unterscheidet:
Anordnung der Texte in der erforderlichen Reihenfolge,
- Erklären von Fachausdrücken,
- einheitliche Benennung von Gegenständen und Sachverhalten,
- Unterstützung von Texten durch bildliche Darstellungen,
- übersichtliches Layout,
- klares Schriftbild,
- Inhalts- und Stichwortverzeichnisse bei umfangreichen Dokumentationen2.

Zum Inhalt enthält DIN V 8418 Abs. 4 Angaben, die als Indikatoren für eine möglichst vollständige Behandlung aller erforderlichen Angaben zu einem Produkt genutzt werden können. Hierzu gehören u.a. differenzierte Angaben
- zur Identifikation des Produkts, seines Anbieters, und der Dokumentation selbst
- zu Leistung und Belastbarkeit
- zu Einsatz- und Arbeitsbereichen
- zu Beschreibungen der Funktionen
- zu Abmessungen und Gewichten
- zu Nutzung, Instandhaltung und Kundendienst.

Nach der oben erwähnten ”tekom-Richtlinie” sind darüber hinaus folgende weiteren Angaben relevant:
- Berücksichtigung einschlägiger Gesetze und Normen
- Berücksichtigung anerkannter Regeln der Technik
- Angaben über Sicherheitsbestimmungen
- Angaben über Entsorgungsmaßnahmen.

Benutzerinformation als Bestandteil eines Software-Erzeugnisses
Bei technischen Produkten - wozu auch Software-Programme für Computer gehören - wird die Benutzerdokumentation zunehmend als regulärer Bestandteil eines Erzeugnisses betrachtet3. Auch in diesem Sinne enthält die DIN 12 119 /ISO/IEC 12 119 ”Software-Erzeugnisse - Qualitätsanforderungen und Prüfbestimmungen” umfangreiche inhaltliche Anforderungen an das System der Produktdokumentation bzw. der Benutzerinformation. Anforderungen zu funktionellen Merkmalen des eigentlichen Software-Programms werden dabei eher nachgeordnet aufgelistet.

DIN 12 119 fordert von der Benutzerdokumentation neben der vollständigen Beschreibung und wiederholten Auflistung der bereits in der Produktbeschreibung aufgeführten Eigenschaften (DIN 12119, Abs. 3.2.1.) vor allem Folgendes: Richtigkeit, Eindeutigkeit und Fehlerfreiheit der Angaben (DIN 12119, Abs. 3.2.2.), Widerspruchsfreiheit aller Dokumente in sich, gegeneinander und auch gegenüber der Produktbeschreibung (DIN 12119, Abs. 3.2.3.), weiterhin auch Verständlichkeit (z.B. durch geeignete Wahl von Begriffen, Erläuterungen; DIN 12119, Abs. 3.2.3.) und Übersichtlichkeit (z.B. durch Inhaltsverzeichnis und Stichwortverzeichnis; DIN 12119, Abs. 3.2.3.).

Natürlich fordert DIN 12 119 nicht nur, daß Produktbeschreibung und Benutzerdokumentation übereinstimmen, gefordert wird auch die Widerspruchsfreiheit der Benutzerdokumentation gegenüber den Produkteigenschaften. Allerdings ist - im Unterschied zur Produktbeschreibung - die Verpflichtung zur Widerspruchsfreiheit gegenüber dem eigentlichen Software-Programm auf die Softwareprogramm-Seite verlagert worden (DIN 12 119, Abs. 3.3.1.). Diese muß so funktionieren, wie in der Benutzerdokumentation beschrieben und nicht etwa umgekehrt, daß etwa die Beschreibung in der Benutzerdokumentation den Abläufen der Programmfunktionen folgen muß. Damit gibt die DIN 12 119 eine bei der Produktprüfung zu berücksichtigende Maßgeblichkeits-Hierarchie in der Reihenfolge Produktbeschreibung - Benutzerdokumentation - Softwareprogramm vor.

Die meisten Anforderungen an die Benutzerdokumentation in der DIN 12 119 befassen sich also mit Themen, die sinngemäß einem Teil der in DIN V 8418, Abs. 3 (siehe oben) enthaltenen Empfehlungen zur Gestaltung entsprechen, wobei in der DIN 12 119 jedoch keine Empfehlungen zu Lesbarkeit, Typographie, Layout usw. gegeben werden.

Benutzerinformation als Arbeitsinstrument für blinde und sehbehinderte Personen.
Ein weiteres Qualitätskriterium von Benutzerdokumentationen ist die Berücksichtigung der besonderen Anforderungen sehbehinderter und blinder Personen. Das Anwendergremium ”Windows-Anpassung für Blinde” hat hierfür differenzierte Anforderungskriterien erarbeitet. Diese betreffen vor allem die Anpassung der Software an die Arbeitsaufgabe ”Darbietung des WINDOWS-Bildschirms für blinde und sehbehinderte Anwender”, weitere Anforderungen betreffen die Kompatibilität des Software-Produktes mit marktgängigen Hard- und Softwarekomponenten, sowie mit speziellen blindenspezifischen Geräten (z.B. Braillezeilen). Von der Benutzerdokumentation wird gefordert, daß sie entsprechende Hinweise zu diesen Produktanforderungen enthält. Somit ist die Vollständigkeit der Beantwortung dieser Fragen ein weiteres Qualitätskriterium der Benutzerdokumentation.
Die bereits angesprochenen DIN-Normen enthalten erwartungsgemäß keine speziellen Hinweise zum Thema Software für Blinde und Sehbehinderte.

Inhalt und Strukturen der Prüfkataloge Benutzerdokumentation
Aus der Umsetzung der oben dargestellten Anforderungen ergibt sich folgender Prüfumfang zur Benutzerdokumentation:
- Vollständige und detaillierte Aufführung aller notwendigen Angaben gemäß den Anforderungsprofilen und gemäß der DIN 12119. Im einzelnen:
- Kompatibilität des Programms mit Betriebssystemen und Anwendungssoftware
- Kompatibilität mit Hardware-Arbeitsplatzkonfigurationen
- Kompatibilität mit speziellen Hilfsmittel-Komponenten
- Aussagen zu Grenzwerten/Einschränkungen der Betreibbarkeit
- Installation, Wartung, Unterstützung
- Funktionsumfang
- Anpassung an die Bedürfnisse des Benutzers.
- Übersichtlichkeit der Dokumentation durch strukturierende Elemente wie Kapitelanordnung, Inhalts- und Stichwortverzeichnisse
- Verständlichkeit der Dokumentation in Textanordnung, Textformulierung und Begriffsverwendung
- Widerspruchsfreiheit in sich und gegenüber der Produktbeschreibung

Der Prüfkatalog ist zur Prüfung der Schwarzschrift-Version der Benutzerdokumentation ausgelegt. Auf die vergleichende Analyse der Benutzerdokumentation in blindengerechter Form, etwa als Braille-Dokument, Tonträger-Dokument, sowie auch der Darbietung als Hilfstext in der Software selbst wurde verzichtet.
An Hand des Prüfkatalogs wird durch eine Prüfperson ermittelt, ob und in welcher Form in den Benutzerhandbüchern die geforderten Angaben und Beschreibungen vorhanden sind.
Eine vollständige Überprüfung ist bei dem großen Umfang der Dokumente nicht möglich. Die Prüfung bleibt auf exemplarische Fälle beschränkt, deren Ergebnisse als stellvertretend für die Gesamtheit des Dokuments gewertet werden. Eine Prüfung der Programmfunktion auf Vollständigkeit der Beschreibungen wird nicht vorgenommen.

Bei der Prüfung auf Verständlichkeit werden bei allen Prüfobjekten vier exemplarische Prüfungen durchgeführt. Gegenstand der Prüfung sind bei der Produktgruppe Windows-Anpassungen für Blinde:
- Auswählen und Starten eines Programmes im Programmanager
- Installation
- Definition unbenannter Bitmaps (Icons)
- Umgang mit speziellen Anwenderprogrammen, z.B. Winword, Excel.
Diese werden jeweils darauf untersucht, ob die zugehörigen Textabschnitte durch geeignete Wahl von Begriffen, Formulierungen, eine einheitliche Terminologie und korrekte Schreibweise etc. hinreichend verständlich und nachvollziehbar erscheinen.
Zur Prüfung der ”Widerspruchsfreiheit” werden ebenfalls vier exemplarische Prüfungen durchgeführt. Hierbei werden die zugehörigen Textabschnitte der Benutzerdokumentation darauf untersucht, ob ihre Aussagen sich mit den Aussagen zum gleichen Objekt an anderen Stellen des Dokuments sowie mit denen der Produktbeschreibung decken. Gefordert ist keine durchgehende Wortgleichheit und Vollständigkeit, sondern die Übereinstimmung der Aussagen (z.B. zu Funktionsumfang, Leistungen, Daten der Kompatibilität etc.).

1 Siehe hierzu DIN 12 119, Abs. 2.4. Benutzerdokumentation, und DIN 8418 Benutzerinformation.
2 Eine differenzierte Ausarbeitung von Indikatoren zu diesen Kriterien findet sich beispielsweise in der ”tekom-Richtlinie, Technische Dokumentation beurteilen” in den Abschnitten 1. bis 6. tekom-Richtlinie, tekom e.V., Markelstraße 34, 70193 Stuttgart.
3 Siehe hierzu auch DIN 8418 V, Abs. 3.

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Erstellt: 31.10.1998 11:46   Aktualisiert: 14.12.1998 21:46
Autor: Brigitte Bornemann-Jeske et al.
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Modellversuch im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung