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Interview mit einer Türkin

Wir haben ein Interview mit einer 33-jährigen Türkin geführt, die in unserer Heimatstadt Bad Bramstedt lebt. Sie kam 1994 das erste Mal als Touristin nach Deutschland. Im Urlaub lernte sie ihren jetzigen Mann kennen und sie verlobten sich. Nach dem Urlaub verbrachte sie noch sechs Monate in der Türkei, bevor sie endgültig nach Deutschland immigrierte. Sie stammt aus der Stadt Ordu, größenmäßig zu vergleichen mit Hamburg. Ordu liegt im zentralen Norden der Türkei am Schwarzen Meer.

Hier gelangt ihr zu ein paar historischen Hintergründen

Quelle: http://www.internationale-kooperation.de/count.php?ak_country=217&ak_topic=0&hmen_id=13

Mit freundlicher Unterstützung von www.internationale-kooperation.de

Nun folgt das Interview:

Frage: Warum sind Sie nach Deutschland gekommen?

Antwort: Mein Mann wohnt hier in Deutschland. (lacht)

Welche Erwartungen bzw. Ansprüche hatten Sie an das Leben in Deutschland?

Ich hatte keine Ansprüche an das Leben in Deutschland, weil ich wusste, dass ich es dort nicht besser haben würde. Ich habe in der Türkei einen guten Abschluss am Gymnasium gemacht. Hier in Deutschland hilft mir diese Ausbildung nicht, weil ich nicht genug Deutsch spreche.

Hier lebe ich in einer Wohnung einer Kleinstadt, in der Türkei habe ich in einer Großstadt gewohnt, das ist schon eine Umstellung.

Hatten Sie Bedenken bezüglich der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland?

Eigentlich hatte ich keine Bedenken, denn vieles ist in Deutschland und der Türkei gleich. Aber ich hatte Angst durch die Sprache Fremdenfeindlichkeit zu erfahren, da ich nicht Deutsch sprechen konnte.

Wie wurden Sie hier aufgenommen?

Hier in der Kleinstadt Bad Bramstedt gibt es wenig Fremdenfeindlichkeit, anders als in deutschen Großstädten, die ich schon besucht habe.

Meine früheren alten Nachbarn waren sehr nett zu mir, sie waren Flüchtlinge des 2. Weltkrieges, also konnten sie meine Situation besser verstehen. Auch als ich kurz im Altenheim gearbeitet habe, habe ich mich gut mit den alten Menschen verstanden, sie waren sehr lieb zu mir.

Mussten Sie sich der deutschen Kultur anpassen?

Eigentlich schon. Aber wir leben ja nicht direkt in der Kultur, in der Türkei leben die Menschen quasi genauso, es ändert sich fast nichts. Also der Lebensstil ähnelt sich sehr. Die Menschen in der Türkei leben genauso modern wie hier in Deutschland.

Es ist nur z.B. so, dass deutsche Menschen auch Schwein essen, türkische Menschen aber nicht.

Fühlen Sie sich als Außenseiter in der dtsch. Gesellschaft?

Manchmal schon, aber das ist normal wegen der Sprachprobleme.

Ich trage auch kein Kopftuch, das ist leichter. Eine Freundin, die ein Kopftuch trägt, fühlt sich in Städten, in denen mehr Kopftuchträgerinnen leben, wohler als in dieser Kleinstadt mit weniger Ausländern.

Wie lange hat es gedauert, bis Sie einen Beruf gefunden haben?

Etwa 10 Tage nach meiner Ankunft in Deutschland hatte ich angefangen, einen Job zu suchen. Das hat dann einen Monat gedauert. Ich hatte eine Stelle in einem deutschen Restaurant gefunden. Doch ich musste nach 3 Wochen wieder aufhören, weil ich wegen der Sprachprobleme den Job nicht ausüben konnte. Nach einem Jahr bekam ich meinen ersten Sohn und ich konnte sowieso nicht arbeiten. Danach begann ich für eine Weile als Zimmermädchen in einem Hotel, aber auch dort habe ich kaum Deutsch gelernt, weil dort hauptsächlich türkische Frauen gearbeitet haben. Nach einiger Zeit fing ich in einem griechischen Restaurant an zu arbeiten. Die Besitzer haben mir geholfen, Deutsch zu lernen.

Jetzt arbeite ich wieder in dem deutschen Restaurant, in dem ich als erstes für 3 Wochen gearbeitet hatte. (lacht)

Wurden Sie in ihrer beruflichen Entwicklung durch fremdenfeindliche Deutsche behindert?

Am Anfang gab es Probleme wegen der Sprache. Meine Mitarbeiter der ersten Arbeitsstelle waren uneinsichtig und haben mir nicht wegen der Sprachprobleme geholfen. Erst nachdem ich besser Deutsch gelernt hatte, hatte ich keine Probleme mehr mit meinem Beruf.

Hatten Sie schon einmal Probleme mit Fremdenfeindlichkeit? In welcher Form?

Ja, da gab es eine Sache. Einmal hatten wir vergessen, die Stromrechnung zu bezahlen. Ein Vertreter der Stadtwerke kam zu uns und verlangte, dass ich die Stromrechnung bezahle. Ich konnte noch sehr schlecht Deutsch und sagte, dass mein Mann bald kommt und er das regeln kann. Da hat mich der Vertreter angepöbelt und gesagt, dass es sofort bezahlt werden muss und wir Türken doch alle gleich wären und dass wir uns hier in Deutschland nicht so benehmen könnten. Dann später kam mein Mann dazu, da bekam der Vertreter ein wenig mehr Respekt.

Wurden Sie schon einmal von Deutschen bedroht, beschimpft, o.ä.?

Die gerade beschriebene Situation zeigt es ja. Ansonsten ist es in Bad Bramstedt nicht so extrem, hier ist eher ein ruhiges Pflaster.

Aber früher hat hier in der Straße ein Neonazi gelebt, der die deutschen Jugendlichen angestachelt hat, so kam es zu Konflikten und Raufereien zwischen deutschen und türkischen Jugendgruppen.

Heutzutage wird hier den Kopftuchträgerinnen manchmal hinterhergeschaut, von Schlimmerem weiß ich nicht.

Haben Ihre Kinder heutzutage Probleme mit Fremdenfeindlichkeit?

Nein, nicht im Kindergarten und auch nicht in der Schule. Meine Kinder haben deutsche, russische und türkische Freunde.

Denken Sie, dass die Fremdenfeindlichkeit in Deutschland seit Ihrer Ankunft zugenommen hat?

Ich habe nicht so viel miterlebt, ich sehe ja auch nicht so "türkisch" aus, ich trage kein Kopftuch usw...

Aber die Wahlen in Brandenburg und Sachsen haben uns schon zu denken gegeben, mit den hohen Wahlergebnissen der NPD und DVU.

Früher gab es natürlich viel Fremdenfeindlichkeit, dann wurde es viel weniger, aber jetzt scheint es wieder mehr zu werden. Aber das merkt man wohl eher in Ostdeutschland, nicht so sehr hier in Norddeutschland.

Können Sie sich Gründe für die Fremdenfeindlichkeit einiger Deutscher denken?

Die andere fremde Religion, anderes Aussehen, die fremde Kultur... Und wegen der Arbeitsplätze. Ich denke, viele Menschen haben einfach Angst weil sie nicht viel über uns Ausländer wissen.

Viele deutsche Menschen wundern sich und sind misstrauisch, wenn sich Ausländer viel leisten können, z. B. ein neues Auto. Doch sie arbeiten genauso für ihr Geld, wie Deutsche.

Meistens ist es Unwissen, die Deutschen sollten mehr mit Ausländern sprechen um etwas über sie zu lernen.

Auch werfen viele fanatische Moscheen ein schlechtes Licht auf die islamische Kultur.

Vielen Dank für das Gespräch!

Weitere Anmerkungen:

Wir haben über das Interview hinaus noch viele weitere Fragen stellen können und haben dabei viel über die islamische Kultur und Lebensweise der Türken in Deutschland und der Türkei erfahren. Wir konnten auch gängige Vorurteile ansprechen und aufklären. Auch haben wir eine große Gastfreundschaft erfahren.

Hier kommt ihr zu unserem Fazit

 

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