Noch vor einigen Jahren war das Kernthema, mit dem wir auf Banken und Versicherungen zugingen: Sollte man sich in Social Media engagieren? Und wenn ja, wo und mit wie viel Aufwand? Diese Frage ist inzwischen weitgehend Vergangenheit. Fast alle größeren Unternehmen und viele Versicherungsmakler sind in den sozialen Medien aktiv und haben dort mehr oder weniger umfangreiche Auftritte und Präsenzen. 

Analysiert man diese aber – wie wir das tun – regelmäßig, dann tritt Ernüchterung ein: Die Suche nach »Best practice« bleibt langwierig, die »Guten« sind immer die Gleichen. Viele Auftritte sind nach wie vor eher sperrig und wenig attraktiv, vieles scheint unbeachtet und erhält nur wenige Leserreaktionen.

Parallel dazu erleben wir mehr und mehr, dass Entscheider und Management den Sinn der Social-Media-Aktivitäten immer lauter infrage stellen: „Was bringt das denn jetzt?“ oder „Die paar Likes auf Facebook für den Aufwand“. Ganz falsch mag das oftmals nicht sein, wenn tatsächlich kaum Reaktionen auftreten oder gute Blogbeiträge sich weitgehend ungelesen »versenden«.

Die spannende Frage, wenn ein Social-Media-Auftritt nicht gut funktioniert, ist natürlich die nach der Ursache: Liegt das tatsächlich an Social Media? Ist das soziale Netz als Unternehmensplattform für Banken und Versicherungen etwa ungeeignet? Oder liegt es doch am Thema? Oder vielleicht an der Art und Weise des Auftritts?

Viele Faktoren führen zum Erfolg: ein paar Learnings

Ich denke, die Antwort ist nicht so einfach, wie man es sich oftmals gerne macht. Es gibt viele Faktoren, die einem Erfolg in Social Media im Weg stehen können. Und Banken/Versicherungen sind Unternehmen, auf die Social-Web-Nutzer nur selten begeistert zuströmen.

Eines steht jedenfalls fest: Im Social Web zu sein ist nur der Anfang. Dort auch etwas zu bewirken, ist der Schritt danach. Und der stellt die eigentliche Herausforderung dar.

Wir haben aus unserer Arbeit mit Banken und Versicherungen bislang die folgenden Erkenntnisse gezogen:

Wenn man baden möchte, reicht es nicht, nur den Zeh ins Wasser zu halten.

Social Media ist ein Dialogmedium, das den Kunden auf Augenhöhe mit dem Unternehmen bringt. Obwohl Social Media zunächst einmal eine Technik beschreibt, ist es inzwischen weit mehr: Es wird mit Werten und Haltungen verbunden. Und die Erwartungen an das Verhalten der Teilnehmer sind klar formuliert: Lockerheit, Transparenz, Authentizität, Offenheit und verständlicher Kundendialog gehen mit Social Media fest einher. Davon kann man sich als Unternehmen nicht »lossagen«.

Versicherungs- und Bankunternehmen sind oftmals traditionell anders aufgestellt: Der offene und transparente Umgang, die Leichtigkeit in der Kommunikation sind nicht geübt und auch aufgrund rechtlicher und fachlicher Rahmenbedingungen in der Regel schwierig. Dies führt dann dazu, dass man nur nach außen locker mit dem Kunden umgeht, aber ein tiefergehender Austausch schnell wieder nach den »alten Mustern«, also formal und streng verläuft.

Dieses Konzept geht aber nicht auf. Der Kunde spürt relativ schnell, dass die in Social Media zur Schau gestellte Offenheit und Augenhöhe nicht weit trägt. Er ist enttäuscht und zieht sich zurück.

Dabei zeigen die Social-Media-Manager in den Banken und Versicherungen jeden Tag, dass es geht: Man kann auch auf eine ungezwungene Art über ernste Themen kommunizieren, ohne deshalb unseriös oder inkompetent zu wirken. Die Unternehmen sollten die Erfahrungen dieser Teams nutzen und diese nach innen sichtbar machen. Nur so kann man für die gesamte Unternehmens- und Kommunikationskultur eine neue, einheitliche Linie entwickeln, die schlüssig und glaubwürdig ist.

Auf einer Party, wo man niemanden kennt, wird man nicht von Leuten umringt.

Obwohl viele Versicherungen und Banken große und bekannte Marken sind, befinden sie sich im Social Web auf einer Party, auf der sie keiner kennt oder beachtet. Fast alle Plattformen im Social Web dienen der privaten Verknüpfung, der Kommunikation mit Freunden und der Unterhaltung. Da spielen Banken und Versicherungen zunächst keine Rolle.

Für viele Manager bei großen Institutionen ist das neu und überraschend. Sie wissen um ihre Bekanntheit und wundern sich über die geringe Resonanz auf beispielsweise ihre Corporate Blogs. Es ist ihnen nicht klar, dass sie mit ihrem Auftritt im Social Web ihren üblichen Referenzrahmen verlassen und sich – um Angela Merkel zu zitieren – in/auf »Neuland« begeben.

Im Umfeld der Blogger, Freunde, Unterhaltungsangebote etc. ist eine Versicherung oder Bank kein »Star«. Sie wird geduldet, aber nicht sofort mit Begeisterung aufgenommen. Seinen Platz in diesem Referenzrahmen muss sich das Unternehmen erst erarbeiten. Und das gelingt nicht innerhalb kurzer Zeit. Der Aufbau von neuen Markenwerten und neuem Vertrauen braucht Zeit und einen langen Atem.

Mit einem Wachhund kann man nicht spielen.

Banken und Versicherungen haben lange Zeit mit ihrer Größe, ihrem Schutz und ihrer Macht geworben. Die Botschaft war: »Wir passen auf Dich auf« oder »Wir nehmen Dich an die Hand« und »Wir sind da, wenn Du Hilfe brauchst« oder »Wir machen den Weg frei«.

Diese Art der Markenbotschaften ist durchaus wirkungsvoll, aber leider nicht sehr gut mit dem Social Web kompatibel. Man ist gerade nicht auf Augenhöhe mit den Kunden, sondern steht – im positiven Sinne – über ihnen. Das passt nicht zu der Kommunikation in sozialen Netzen, die gerade diese Hierarchieunterschiede unterlaufen möchte.

Oder im Bild gesagt: Lerne ich einen Hund in erster Linie als Wachhund kennen, dann traue ich mich nicht unbedingt, mit ihm zu spielen. Versicherungen und Banken müssen ihre Rolle ändern oder zumindest erweitern. Das geht nicht nur durch ein paar Facebook-Posts, sondern umfasst die gesamte Kommunikation. Die ERGO Versicherungsgruppe hat dies schon sehr früh verstanden.

Mit einem großem Bagger kommt man nicht durch schmale Pfade.

Insgesamt müssen Unternehmen, die sich auf Social Media einlassen wollen, umlernen. Nicht Budget und Werbedruck sind entscheidend für den Erfolg. Die Mechanik in sozialen Netzen ist eine völlig andere als die der klassischen Werbung. Nicht die Masse macht den Erfolg, sondern die Begeisterung einzelner. Da ist Hand- und nicht Fließbandarbeit gefragt.

Dies ist aber keineswegs nur für Banken und Versicherungen ein Umlernprozess. Auch andere Branchen sind überrascht und enttäuscht, wie kleinteilig und zäh die Arbeit in Social Media oftmals ist und wie wenig man dies durch den Einsatz von „Werbedruck“ ändern kann.

Ist diese andere Mechanik dann aber vielleicht doch ein Indiz dafür, dass Social Media als Unternehmensplattform wenig Sinn macht? Wir sagen: Nein! Die klassische Werbung wird künftig mehr und mehr an Wirkkraft verlieren, und es gibt wenige Alternativen. Die große Straße der 1:N-Kommunikation verliert sich mehr und mehr in vielen kleinen individuellen Pfaden. Also bleibt den Unternehmen nur, das Fahrzeug zu wechseln.

(Bildquelle zum Blogpost auf Startseite www.result.de: flickr – Christian Lendl – (CC BY 2.0))