Testbericht Jaguar X-Type Estate 2.5 Executive – Teil 1

Heute gibt es mal wieder einen Fahrbericht unter der Rubrik „Weitere britische Fahrzeuge“. Wie ich bereits hier berichtet hatte, gibt es in unserer (weiteren) Familie auch ein neues Fahrzeug im Fuhrpark. Nach einem Jaguar S-Type 3.0 wurde jetzt ein gebrauchter Jaguar X-Type Estate 2.5 Executive angeschafft. Dies gibt mir natürlich die Gelegenheit, mir den Jaguar mal etwas genauer anzuschauen und ausführlich zu testen.

Auch wir hatte den X-Type Estate in die engere Wahl bei unserem Fahrzeugkauf gezogen. Letztendlich gefiel uns der Saab 9-5 aber doch etwas besser, so dass wir uns für unseren neuen 9-5 Aero entschieden haben (siehe Bericht hier). Aber daher ist es für mich besonders interessant, beide Fahrzeuge ausführlich testen und gegenüber stellen zu können. Natürlich spielt der 9-5 in einer etwas anderen Liga, der X-Type ist eher mit dem Saab 9-3 vergleichbar. Trotzdem sind der Jaguar Kombi und die Saab Kombis der Reihen 9-3 und 9-5 äußerst interessante Alternativen zum deutschen Premium-Einheitsbrei.

Der Jaguar X-Type wurde als Limousine 2001 eingeführt und sollte eine Erweiterung des Jaguar-Modellprogramms nach unten darstellen. Konkurrenten waren die deutschen Premiumhersteller mit dem 3er BMW, Audi A4 und Mercedes C-Klasse. Hier konnte sich die Limousine aber von Anfang an nicht gegen diese Fahrzeuge durchsetzen. Daher reagierte Jaguar und brachte zunächst einen Ford-Dieselmotor im X-Type. Kaum hatten sich die Jaguar-Anhänger an diese Neuerung etwas gewöhnt, kam schon die nächste Revolution. Da in diesem Segment mehr als 50% der Fahrzeuge als Kombis verkauft werden, brachte Jaguar im Januar 2004 auch die Kombiversion Estate auf den Markt. Trotzdem konnte sich der X-Type nicht auf dem Markt durchsetzen. Jaguar zog nach einem letzten Facelift Ende 2007 die Konsequenzen und nahm den X-Type ohne direkten Nachfolger 2009 vom Markt. Aktuell ist im Gespräch, dass Jaguar doch wieder einen X-Type Nachfolger entsprechend der modernen und sehr erfolgreichen Typen XF und XJ entwickeln könnte.

Bei der getesteten Version handelt es sich um einen X-Type Estate 2.5 Executive mit 5-Gang-Automatikgetriebe. Der X-Type Estate ist knapp 4,72 Meter lang, 1,79 Meter breit (ohne Außenspiegel), 1,48 Meter hoch und hat einen Radstand von 2,71 Meter. Die Executive-Ausstattung bietet schon einige Austattungsdetails serienmäßig an. Dazu gehören u.a. die schwarze Lederausstattung (charcoal), die passenden hellen Holzeinlagen, Holz-/Lederlenkrad, elektrisch einstellbare Sitze, Tempomat, Licht- und Regensensor. Daneben besitzt der getestete X-Type noch das große Bildschirmnavi (sehr ähnlich dem Saab-Denso-System), eine schwarze Metallic-Lackierung und eine Einparkhilfe hinten. Die Austattung ist also sehr gut und absolut ausreichend, auch wenn man nicht ganz von Vollausstattung reden kann.

Angetrieben wird der X-Type von einem 2,5 Liter V6-Motor mit 196 PS und 241 Nm Drehmoment. Ähnlich wie beim Saab 9-3II mit den GM-Blöcken beim B207-Motor handelt es sich beim Jaguar V6 ursprünglich um eine Ford-Konstruktion, die von Jaguar abgeändert und veredelt wurde. Der Motor wurde zunächst mit 3 Liter Hubraum und 238 PS im Jaguar S-Type eingesetzt. Auch der 2,5 Liter V6 fand mit 200 PS Leistung seinen Weg in den S-Type. Auffällig ist, dass die gleichen Motoren im X-Type etwas weniger Leistung bieten (3.0: 230 PS, 2.5: 196 PS). Auch zwei Dieselmotoren fanden den Weg in den X-Type. Daneben gab es im X-Type noch den unbeliebten 2,0 V6 Benziner mit 156 PS. Dieser ist aber recht schlapp und verbraucht nicht weniger als die größeren Benziner-Versionen.

Das gleiche gilt eigentlich grundsätzlich für den 2.5 V6 im Vergleich zum 3.0 V6. Bei gleichem Durst bietet der 2.5 Liter weniger Leistung und Durchzug. Aus meiner Sicht fällt dies aber nicht so sehr auf wie beim 2.0. Der 2.5 Liter beschleunigt zügig und dreht sauber und angenehm hoch. Natürlich kann der 3.0 Liter das alles etwas besser, aber insgesamt sind sich beide Hubraumvarianten sehr ähnlich. Aber den Durchzug eines Saab Turbomotors sollte man bei den Jaguar-Motoren nicht erwarten.

Wer die Wahl hat, sollte natürlich zum Jaguar 3.0 greifen. Denn der Verbrauch liegt bei beiden Modellen mit Automatik bei ca. 10,5 Liter/100 km und die Mehrkosten bei der Steuer fallen kaum ins Gewicht. Warum ist es dann trotzdem ein 2.5 geworden? Ganz einfach: Der Preis war heiß!

Wie fährt sich der Jaguar X-Type? Ich würde den Wagen als straff gefedert beschreiben, aber nicht unbedingt als besonders sportlich. Der Wagen fährt zügig und ist ganz sicher kein Verkehrshindernis. Aber richtig sportlich fährt sich der Jaguar nicht, auch wenn die etwas harte Federung diesen Eindruck erwecken will. Das merkt man vor allem in schnell gefahrenen Kurven. Natürlich schluckt auch die zwischenzeitlich etwas veraltete 5-Gang-Automatik und der Allradantrieb etwas an Leistung und Temperament. Aber insgesamt ist der Wagen angenehm, zügig und recht direkt zu fahren. Man fühlt sich wohl und sicher. Zusätzlich bietet der V6-Motor eine angenehme, typische aber nicht zu aufdringliche Geräuschkulisse. Insgesamt kann man den Fahreindruck gediegen luxuriös mit einem Hauch von Sportlichkeit beschreiben.

Dazu passt auch das Design des Jaguar X-Type. Der X-Type ist noch ein Vertreter der alten Jaguar-Schule und verkörpert noch das Design der früheren Jaguars vor dem großen Design-Umbruch beginnend mit dem Jaguar XF. Dabei lehnt sich der X-Type nicht am S-Type an, sondern nimmt gleich Bezug auf die Oberklasselimousine Jaguar XJ. Er hat das typische XJ-Vieraugengesicht mit dem breiten Kühlergrill und der stark akzentuiertenMotorhaube. Mir gefällt dieser klassische Look sehr gut und ich erwische mich immer wieder, wie ich diesen klassischen Jaguars im Straßenverkehr hinterherschaue.

Imagetechnisch gibt es einige interessante Parallelen zwischen Jaguar und Saab. Beide Firmen waren kleine exklusive Töchter von amerikanischen Großkonzernen. Bei Saab und bei Jaguar griff man daher teilweise in das Plattformregal der amerikanischen Mütter. Während Saab beim 9-5 zum Beispiel auf die GM2900-Plattform zurückgriff, nahm Jaguar beim X-Type die Ford Mondeo-Plattform. Beide Plattformen boten eine gute Ausgangsbasis und wurden von beiden Firmen stark abgewandelt. Jaguar hatte Image-Probleme mit dem Ford-Frontantrieb und entwickelte daher eigens einen Allradantrieb für den X-Type. Zwar gab es später die Einstiegsmodelle auch mit reinem Frontantrieb, aber der zunächst betriebene Abänderungsaufwand von Jaguar war hoch. Ähnliches machte Saab wiederum beim 9-3II mit der eigens entwickelten passiven Vierradlenkung.

Trotzdem verwendete vor allem die deutsche Fachpresse diese Technikherkunft immer gerne, um die Autos unterschwellig schlecht zu reden. Trotz viel geringerer Gleichteilquote als andere Hersteller wurde gleich vom Saab auf Opel-Basis oder vom Jaguar auf Ford-Basis gesprochen. Das Image beider Marken wurde so in Deutschland zu unrecht geschädigt und die Presse trug zumindest zu einem kleine Teil dazu bei, dass sich die Fahrzeuge nicht sonderlich gut in Deutschland verkauften. Bezeichnenderweise wurde zum Beispiel bei Audi nie „mitgeteilt“, dass dort bis zu 70% VW-Teile verwendet werden. Auch Volvo wurde trotz Ford-Basis von der Presse nicht so „abrasiert“ wie Jaguar und Saab.

Mich persönlich stört diese Technikherkunft nicht. Jaguar und Saab liegen jeweils überdurchschnittlich gut in der Pannenstatistik und die Saab- und Jaguar-typischen Eigenheiten sind trotz des Griffs ins Teileregal gut erhalten geblieben. Der Saab wie auch der Jaguar besitzen ihren eigenen speziellen Charme, der sie so angenehm von den Premiummassenprodukten anderer Hersteller unterscheidet.

Die Fortsetzung in Teil 2 folgt hier!

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9 Antworten zu Testbericht Jaguar X-Type Estate 2.5 Executive – Teil 1

  1. Klaus 9-5 II schreibt:

    Vielen Dank für den interessanten Bericht über Jaguar.
    Ich finde es Klasse, dass in diesem Blog auch mal über den Tellerrand geschaut wird.

    Jaguar wird wohl mittelfristig mein Ersatz der Marke SAAB werden, zumindest was mein Hauptauto (9-5 II Aero, gerade 4 Monate alt, 4.500km) betrifft.
    Auf eine SAAB-Auferstehung mit einer solchen Null-Plan-Mutter NEVS zu hoffen, ist vermutlich noch sinnloser als die Überzeugung zu leben, nächsten Samstag einen 6er im Lotto mit Zusatzzahl zu landen…

    Der neue XF Kombi mit Allrad-Antrieb wäre die einzige Alternative zu dem bestellten, aber leider nie gelieferten 9-5 II Sportkombi Aero Turbo XWD, sofern Jaguar bald noch einen gut motorisierten Benziner nachschiebt. Sonst ein wirklich schönes Auto.

    SG
    Klaus

  2. Marcus schreibt:

    der x-type gehört sicher zu den am meisten unterschätzten autos. in der pannenstatistik ganz hinten, wurde ihm wohl die bezeichnung „kleiner jaguar“ zum verhängnis.
    mir persönlich gefällt der s-type besser und ich hatte zwei stück hintereinander davon, einmal 6-zylinder, einmal 8-zylinder – letzterer war wirklich eine wucht, probleme hatte ich mit keinem davon. der erste war übrigens der erste s-type mit anhängerkupplung in deutschland und ich werde nie die italiener auf dem cp in italien vergessen, die vor dem auto auf die knie gingen und „bella macchina“ ausriefen – es gab ihn damals noch nicht in italien.
    meine kinder meinten auf der heimfahrt bei 38 grad im schatten nur, ob ich nicht mal die heizung anmachen könnte, sie würden auf der rückbank erfrieren. so leistungsfähig war sonst keine klimaanlage, die ich jemals hatte.
    tolle autos, aber nachwievor ein problem in deutschland, damit bei kunden aufzukreuzen., leider.

    ansonsten wäre jaguar für mich auch die einzige alternative zu saab, auch aufgrund der dort ebenfalls vorhandenen „heritage“.
    der xf gefällt mir, nur der innenraum ist für diese klasse zu klein und die sitze sind es auch.

  3. Eagen schreibt:

    Sehr schön, dass auch mal an den X-Type erinnert wird. Ich bin im blog ein Mitleser mit „alter“ Saab-Erfahrung. Meinen letzten 900 hab ich 1997 verkauft. Ich habe derzeit den zweiten X-Type, der erste war ein 2,5 Benziner, der zweite ist ein 2,2 d. Beide Jaguar waren und sind sehr gute Autos, die keinerlei Probleme gemacht haben ( besser als die BMW`s vorher). Schade das der kleinen Katze kein größerer Erfolg beschieden war. Woran es lag weiß ich nicht. Ich glaube Jaguar hat es nicht geschafft genug Interssenten in die Showrooms zu bekommen die das Auto mal probegefahren sind. Ich freue mich jeden Tag mit dem Auto zu fahren, besonders die Zuverlässigkeit ist mustergültig. Der X-Type war laut GTÜ-Statistik übrigens mit den seligen Saab 9-3 das Mittelklasseauto mit den wenigsten Mängeln.
    Jaguar und Saab sind durchaus vergleichbar- nur Jaguar hat sich aus den Klauen von Ford befreien können und hat die richtige Mutter gefunden. Tata hat in Jaguar und Land Rover investiert und fährt seit 2 Jahren Rendite ein. Wer Lust auf einen Jaguar hat der sollte! pace,grace and value

  4. 9000er schreibt:

    Schöner Bericht, auch der Teil über den Unsinn, den Unsere „Autoexperten“ so niederschreiben.
    Auch meine Frau und ich haben schon immer ein Auge auf verschiedene schicke Jaguar-Typen geworfen – mal sehen….

  5. blueperformance schreibt:

    Hatte mir den Wagen auf dem Autosalon in Genf mal angeschaut. Unter Jaguar verstehe ich etwas Anderes, habe da eine andere Vorstellung/ einen anderen Ruf im Kopf (Exklusivität, Wildkatze,..). Da passt eher ein Rover Emblem auf diese Serie. Ich habe den Wagen rein vom Anschauen nicht als den Preis wert im Kopf.
    Und 2,5 V6 mit 241 Nm und 196 PS klingen nach einer Herausforderung. Das ist wohl eher der drehfreudige, „sportliche“ Motor. Da habe ich lieber 2.3 l, 4 Zylinder mit Turbo und ein ordentliches Pfund Drehmoment für schaltfaules Fahren. Ein Grund wieso ich den Saab/ GM 2,5 V6 und 3,0 V6 nicht favorisiert habe – hat einfach keinen Spass gemacht.

    • Sarg 9-5 II schreibt:

      Sehe ich auch so. Für mich kommt kein 6- oder gar 8-Zylinder in Frage – ganz gleich wie viel Spaß man natürlich auch und gerade aus mehr als 4 Zylindern rausholen könnte.

      SAAB war ein Vorreiter des Downsizings, auch wenn der 2,3l Turbo im 9000 ganz klar der größte Motor war, den SAAB bis dahin im Programm hatte. Er konkurrierte seiner Zeit mit 6- und 8-Zylinder Fahrzeugen anderer Hersteller.

      Für mich ist der Wagen, der aktuell einem 9-5 SportCombi und der Antriebsphilosophie mit der SAAB groß geworden am ähnlichsten ist, ein BMW 528i Touring (TwinScroll geladener 2,0l Vierzylinder, 245 PS und 350 Nm). Ich kenne kein anderes Fahrzeug am Markt, das einem 9-5 I oder II mit SAAB-typischen Antrieb näher käme.

      Jedem das Seine. Jaguar ist nicht das Meine.

  6. Eagen schreibt:

    Jaguar fängt jetzt auch mit den Downsizing an. Der 5,0 V 8 Sauger wird noch dieses Jahr durch einen 3,0 l V 6 Biturbo ersetzt und ein 2,0 l R 4 turbo steht unmittelbar vor der Fertigstellung. Beide Motoren kommen sowohl im XF als auch , der 2,0 l als Hybrid, im XJ. Man wird sich wohl auch hier von Jaguar-Klische verabschieden mussen.
    Hat jemand den Saab-Abgesang bei Top Gear (BBC) gesehen? Ist sehr sehenswert und humorvoll sakastisch gemacht. Ist bei youtube komplett drin. U.a. wurden ein 3er BMW und ein Saab 900 aus den 80er Jahren aus ca.7 m von einem Kran aufs Dach fallengelassen. Das Ergebnis war eindeutig. BMW platt Saab mit gutem Überlebensraum.

    • Herbert Hürsch schreibt:

      Stimmt, eine sehr empfehlenswerte Rückschau, bei der SAAB-Marotten vergangener Tage mit liebevoller Nachsicht beschmunzelt und auch die Stärken von SAAB und verschiedener Modelle nicht zu kurz kommen. Mit einem breiten Dauergrinsen im Gesicht wird beispielsweise der klassische 900 Turbo rezensiert (und gefahren) …

      Was mich nur ärgert ist, dass Top Gear erstmalig beim Nachruf für SAAB auch positive Worte zu Marke und Modellen gefunden hat. Die Tests früherer Sendungen und dem Untergang SAABs vorausgegangen Verrisse bei der BBC sind legendär. Sie waren oft regelrecht bösartig.

  7. Marcus schreibt:

    für mich ist ein 8-zylinder immer noch die krönung des motorbaus: hammermässig wie ein 4-zylinder, aber auch seidenweich wie ein 6-zylinder. er passt eben aus verschiedenen gründen nicht mehr in die heutige zeit, wenngleich ein 4-zylinder turbo mit entsprechender leistung wahrlich auch kein kostverächter ist.
    der 6-zylinder meines aktuellen 9-5 II ist ein sehr unaufdringlicher motor und sehr angenehm im täglichen betrieb – einfach ein ganz anderer charakter als mein 900 turbo 16s.
    beide haben einen hohen suchtfaktor und ich vermag nicht zu sagen, was mehr laune macht. im alltag ist es sicher der 9-5 II – just for fun ist es der 900 – alleine das geräusch ist unübertroffen, kann aber bei langen autobahnetappen auch ganz schön auf die nerven gehen.
    es macht mich glücklich, die wahl zu haben.
    es ist unübersehbar, dass mehr als zwanzig jahre im automobilbau nicht ohne deutliche fortschritte im gesamtkomfort und handling geblieben sind – dies ist nervenschonend im alltagsbetrieb, aber immer nur vernünftig und komfortabel ist irgendwie auch manchmal langweilig.

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