Rochade bei Deutscher Bank nicht ohne Widerstand

Bei der Deutschen Bank kommt es zu grossen personellen Änderungen in der Geschäftsleitung und dem Verwaltungsrat. Die erste Weichenstellung des neuen Führungsduo deutet auf ein höheres Gewicht des Investment Banking hin und findet intern wie extern nicht nur Anklang.

Claudia Aebersold Szalay, Frankfurt
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Deutsche Bank (Bild: Imago)

Deutsche Bank (Bild: Imago)

Der Verwaltungsrat der Deutschen Bank hat am Freitag die vom designierten Führungsduo Anshu Jain und Jürgen Fitschen vorgeschlagenen personellen Änderungen an der Bankenspitze gutgeheissen. Wie bereits bekannt geworden (vgl. NZZ vom 8. 3. 2012), müssen die beiden langjährigen Geschäftsleitungsmitglieder Hugo Bänziger und Hermann-Josef Lamberti das Feld räumen. An ihre Stelle rücken drei interne Kandidaten in das operative Gremium der Bank auf: Stephan Leithner wird die Bereiche Personal, Recht, Compliance und Europa übernehmen; Stuart Lewis wird neuer Risikochef; Henry Ritchotte übernimmt die Verantwortung für Technologie, Operations und Strategie.

Bafin spricht Machtwort

Gleichzeitig wird die für das Tagesgeschäft verantwortliche erweiterte Geschäftsleitung von bisher 12 auf 18 Personen erweitert. In den schriftlichen Stellungnahmen zeigte sich die Bankspitze davon überzeugt, mit der neuen Führungsstruktur erstens einen Generationenwechsel herbei zu führen und zweitens die Bank in einem breiten Querschnitt zu repräsentieren. Doch so reibungslos, wie es die Bank darstellt, ist der ganze Prozess wohl nicht über die Bühne gegangenen. Erstens gibt es innerhalb der Bank heftigen Widerstand gegen «Anshus Army». Damit ist das Heer von Investmentbankern um den noch amtierenden Chef des Investment Banking und designierten Co-CEO, Anshu Jain, gemeint, das nun durch die personelle Rochade obenauf schwimmt. Auffallend viele Weggefährten Jains sitzen nun nämlich in den Führungsgremien der Bank.

Zweitens ist ein Wunschkandidat Jains an der deutschen Finanzaufsicht Bafin gescheitert. Der vorgeschlagene William Broeksmit, dem Vernehmen nach einer der engsten Vertrauten Jains, wurde von der Bafin nicht gutgeheissen, – wie aus gut informierter Quelle zu erfahren ist – habe er nicht die nötige Führungserfahrung mitgebracht. Sowohl die Bafin als auch die Deutsche Bank lehnten einen Kommentar dazu ab. Es ist aber bekannt, dass das deutsche Kreditwesengesetz von Mitgliedern der Geschäftsleitung von Finanzinstituten nicht nur ausreichende theoretische und praktische Kenntnisse der zu verantwortenden Bereiche verlangt, sondern auch genügend Leitungserfahrung. Letztere habe Broeksmit nicht mitgebracht. So musste das neue Führungsduo Jain / Fitschen, das notabene bereits viel Aktivismus an den Tag legt, obwohl Josef Ackermann noch bis Ende Mai im Amt ist, unter Zeitdruck einen Ersatz für Broeksmit präsentieren. Die Wahl ist ausgerechnet auf Lewis, den bisherigen Stellvertreter Hugo Bänzigers gefallen, was innerhalb der Bank zur berechtigten Frage geführt hat, weshalb man dann nicht gleich an Bänziger festgehalten habe. Mit 56 Jahren hat er bestimmt noch nicht zum alten Eisen gehört.

Verwaltungsrat gefordert

Die personelle Neuorientierung wirft grundsätzliche Fragen zur künftigen Bankstrategie auf: das Investment Banking und somit der Standort London dürfte in Zukunft eine noch grössere Rolle spielen als bisher. Dafür spricht die Besetzung vieler wichtiger Posten durch Investmentbanker, dafür spricht die Person Anshu Jain und dafür spricht wohl auch der designierte Präsident des Verwaltungsrates (VRP), Paul Achleitner. Ebenfalls am Freitag hat die Deutsche Bank drei neue Mitglieder des Verwaltungsrates vorgeschlagen. Nebst Achleitner, dessen Nominierung bereits bekannt war, sind dies der Chef des Geschäftsleitung von Siemens, Peter Löscher, und das Geschäftsleitungsmitglied von Franz Haniel & Cie., Klaus Trützschler. Obwohl kaum einer an der fachlichen Eignung der drei Kandidaten, die im Mai an der Generalversammlung offiziell gewählt werden sollen, zweifelt, wird Achleitner erst noch beweisen müssen, dass er fähig und willens ist, dem Investment Banking strategische Riegel zu schieben, sollte es zu stark Überhand nehmen. Achleitner selbst war langjähriger Investment Banker bei Goldman Sachs, bevor er zum Versicherer Allianz kam, wo er heute in der Geschäftsleitung wirkt.

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