Interview mit Jürg König, Besitzer Restaurant Börse, Zürich

© April 1995 / Bruno Michel

 

In diesem Jahr feiert die Familie König das 50-Jahr Jubiläum auf der Zürcher Börse. Leider sehen Marina und Jürg König inskünftig davon ab, jeden zweiten Dienstag ein Country Konzert zu bieten. Was bleibt sind die Ländler Abende und spezielle Country Anlässe. Zudem bleibt die Börse das Clublokal des CMC.
Ich sprach mit Jürg König über die Geschichte des Lokals und die Gründe für seine Entscheidung.

 

bm: Jürg, warum ist nach elf Jahren Schluss mit den Country Konzerten?

JK: Ganz aufhören wollen wir ja nicht. Zwischendurch liegen ohne weiteres Spezialanlässe drin, etwa eine Plattentaufe oder das Jubiläum einer guten Formation. Das Konzept sah bisher vor, alle zwei Wochen ein Konzert zu bieten. Früher sogar jede Woche, alles in allem rund 50 Konzerte im Jahr. Damals gab es allerdings auf dem gesamten Markt weniger solche Anlässe als heute. Und so zog es die Leute auch eher an einem Dienstag in die Stadt, um diese Konzerte zu erleben. Es hat vielleicht auch mehr interessiertes Publikum gehabt, dass auch mal ausländische Bands hören wollte, die weniger bekannt waren. Wir haben aber bemerkt - vor allem im letzten Jahr - dass gerade eher unbekannte Gruppen grosse Probleme bekommen haben. Ebenso haben gute und bekannte Schweizer Formationen das Publikum nicht mehr dermassen anlocken können wie auch schon.

bm: Worauf ist das zurückzuführen?
JK: Ich schreibe das dem zu, dass es nun überall Möglichkeiten hat, Country Music zu hören. Dies betrifft vorab die Wochenenden.

Dann kommt hinzu, dass man sich sagte, es wird alles teurer, und ich habe nicht so ein Budget, dass ich auch noch unter der Woche an ein Konzert gehen kann. Und so verzichtet man auf den Dienstag. Dies ist einer der Hauptgründe...

bm: ...also lag es am Dienstag?

JK: Ich glaube nicht, dass der Wochentag ausschlaggebend war. Wir hatten den Dienstag seit jeher als Konzertabend, viele davon waren ausverkauft. Es liegt eher am Überangebot in dieser Szene.

bm: Das stimmt sicher, denn zur Gründungszeit des Country Music Club of Switzerland waren fünf bis sechs Konzerte pro Monat zu finden. Nach zehn Jahren waren es bereits um die fünfzig und heute liegen wir bei achtzig Veranstaltungen pro Monat...

JK:...ich glaube, damals waren zwei der sechs Konzerte bei mir im Lokal.

bm: Zum einen sagst du, dass die ausländischen Acts zuwenig bekannt waren, doch mit den Jahren hatte die Börse sicher ein Stammpublikum. Und ich nehme nicht an, dass du dermassen exotische Formationen engagiert hast. War das Publikum schlicht nicht mehr interessiert?

JK: Klar habe ich nie Bands engagiert, die kein Mensch kannte. Ein oder zwei Mal vielleicht doch. Das eine betraf eine französische Cajun Formation und das Konzert ging natürlich voll in die Hose. Für damalige Verhältnisse war das vielleicht zu exotisch. Bei andern, im breiten Publikum eher unbekannten Gruppen war immer ein Stammpublikum von 50 bis 60 Fans vorhanden. Mit diesen Eintritten und der entsprechenden Konsumation konnte man auch solche Bands tragen. Die Gagen waren ja auch dementsprechend nicht all zu hoch.

bm: Und wie verhält es sich mit den Schweizer Bands? Mal abgesehen davon, dass man sie meist an einem Wochenende zuvor an irgend einem Festival gesehen hat. Liegt es nich vielmehr an den Gagenforderungen der einheimischen Künstler?

JK: Bei den ganz bekannten Schweizern ist es so, dass die Gagen doch gestiegen sind. Trotzdem sagte der eine oder andere: OK, ich habe schon vor zehn Jahren in der Börse gespielt, ich spiele auch heute hier und zu einem normalen Tarif. Also für eine Gage, die Transport und sonstige Spesen abdeckt. Das gibt es heute noch, aber es hat leider auch bei den bekannteren Formationen das Publikum nicht mehr gebracht, um nur schon diese Kosten zu decken.

bm: 60 bis 70 Besucher im Schnitt. Wir stellen seitens des CMC fest, dass wir mit Live Musik einen Schnitt von 80 bis 100 Personen erreichen. Dabei ist das Börse Programm ja nicht schlechter als unseres. Also ist es doch darauf zurück zu führen, dass die Leute ihre Clubs, ihre Anlässe und alles Mögliche schon haben?

JK: Also ich möchte nicht den Eindruck entstehen lassen, dass uns der CMC konkurrenziert hat. Aber ihr habt euren Clubabend und bringt neben der musikalischen Darbietung eben auch noch einen gesellschaftlichen Aspekt mit. So sagt sich manch einer: Ich will meine Kollegen treffen und habe gleichzeitig noch ein gutes Konzert. Also gehe ich hin. Ich schätze es auch, dass der CMC nach wie vor zur Börse steht....

 

bm: ...die Wertschätzung ist an uns...

JK: ...überhaupt kein Problem. Ich bin wie gesagt auch jederzeit bereit, einen Spezialanlass mit euch durchzuführen. Das Lokal ist ja eigentlich ideal geeignet dafür. Hier muss ich vielleicht darauf hinweisen, dass wir einen Tagesbetrieb haben - eigentlich sind es drei - mit 40 Angestellten. Dazu Catering und Sommer Restauration, die Expovina usw. Um uns herum bietet die Stadt etwa 50'000 Arbeitsplätze, aber die Leute wollen nach der Arbeit nach Hause. Das grosse Lokal ist deshalb im Sommer ab 19 Uhr geschlossen und nur die beiden kleineren sind geöffnet. Wir können aber jederzeit flexibel auf Anfragen reagieren.

bm: Du führst nach wie vor Ländlerkonzerte durch. Was macht solche Anlässe für dich attraktiver?
JK: Das ist ein anderes Publikum. Es gibt noch viele Freunde dieser Stilrichtung aber immer weniger Lokale in der Stadt, die diese Musik pflegen. Früher waren die Country Fans ein ähnlich treues Publikum. Immerhin haben wir in elf Jahren rund 600 Konzerte veranstaltet.

bm: Wie hat eigentlich alles angefangen? Warum Country Music?
JK: Meine Frau Marina und ich sind nun seit sieben Jahren auf eigene Rechnung im Betrieb. Ich habe aber seit 1983 mit meinem Vater zusammen hier gearbeitet und er selbst hatte 43 Jahre hier gewirtet. 1981 arbeitete ich in den USA als Broker - eigentlich stamme ich ja aus dem Bankfach. Danach bereiste ich die Staaten während rund zehn Wochen, besuchte über die Hälfte aller Bundesstaaten. Auf dieser Reise hörte ich praktisch nichts anderes als Country Music. Nach meiner Rückkehr und der Hotelfachschule in Genf, diskutierten wir über weitere Konzert Möglichkeiten hier in der Börse. Warum Nicht mal Country Music? Alle machten erst grosse Augen und dachten an Schrumm Schrumm mit Fiddle. Doch das waren die damaligen Schlager in den USA, konnte ich sie aufklären. Billy Swan oder Barbara Mandrell waren gerade ganz gross im Geschäft. In der Schweiz konnte ich damals mit genau drei Bands arbeiten: John Brack, Rusty Nugget und Gaby Gyr. Wir gründeten also selbst eine Formation mit Namen Maxi's Country Band und so konnten wir ein abend füllendes Programm gestalten. Ein Jahr lang haben wir das so durchgeführt. Dann begann hier die Country Welle: George Hug, Doris Ackermann, Suzanne Klee, Jeff Turner usw. brachten damals über 200 Personen an ein Konzert.

bm: Wie sah es bei den Ausländern aus?
JK: Auch das war interessant. Die deutsche Western Union spielte bei uns erstmals in der Schweiz und erhielt danach einige Auftritte in unserem Land. Dann hatten wir Namen wie Wild Rose, Dave Dudley, Stella Parton. Acts also, die sonst an ganz anderen Orten auftraten.

bm: Was waren deine Highlights in dieser Zeit?
JK: Wir haben zwei Mal die Festival Party nach dem Hallenstadion Festival organisiert. Das war damals das Ereignis des Jahres, eine Art Dienstleistung an die Musiker. Wir verschickten die Einladungen direkt an die Künstler und holten sie mit Limousine und Chauffeur nach dem Auftritt ab. Ich erinnere mich, dass einmal die Nitty Gritty Dirt Band, Johnny Russell und John Brack zusammen auf der Bühne standen und plötzlich ein Bühnenelement wegen des Gewichts einbrach. Oder als Bill Monroe morgens um drei am Tisch ein Eis. Oder dass ich Tanya Tucker kennen lernen durfte. Das sind Erlebnisse, die ich nicht missen möchte. Ganz abgesehen von den vielen guten Kontakten zu Schweizer Musikern oder Medienleuten. Vor allem die Medien haben mich damals unterstützt, die brauchten natürlich Stoff für ihre Country Special Sendungen am Radio. Sehr geholfen hat mir auch Marcel Weber, der Bruder des Komikers Peach Weber. Er war fünf Jahre lang Geschäftsführer und ein Mitinitiant der Country Konzerte.

bm: Wie beurteilst du die Entwicklung in der Country Szene?

JK: Zuerst waren es vorab Insider, die sich damit befassten. Dann kam der Boom und praktisch jeder Verein organisierte etwas mit Country Music. Festvals schossen wie Pilze aus dem Boden. Bald trennte sich aber die Spreu vom Weizen.

bm: Wie siehst du die Qualität der Musiker?
JK: Die Ausländer haben früher den Schweizern was vormachen können. Heute haben wir im eigenen Land so gute Formationen, dass diese mit den ausländischen durchaus mithalten können. Ich erwähne nur als Beispiel Uwe und Jens Krüger, die Krüger Brothers. Da muss man weltweit suchen, bis man solche Talente findet.

bm: Und die Qualität des Publikums?
JK: Der Vorteil unseres Lokals ist der hautnahe Kontakt zum Musiker. Im grossen und ganzen kann ich das Publikum loben. Wir hatten nie Probleme. Es kommt aber sicher auch auf die Formation an: Kann sie das Publikum packen und fesseln.

bm: Herzlichen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei allen Projekten.

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