Remaraweng Boarisch

Der bairische Gruß und Abschied

Griaßgott- und Pfiagottsågen auf Bairisch

 

 

Grüß Gott !

Die vertraute, warm klingende Grußformel „Grüß Gott“ (griaß God) haben die Baiern (siehe bairischen Sprachraum) von den irischen Missionären mit der Christianisierung des europäischen Festlands im 5. Jahrhundert übernommen. Sie begann im heutigen deutschsprachigen Raum bereits 563 in St. Gallen (Schweiz) und umfaßte nach und nach ganz Baiern bis Wien.

Das Gälische „Dia duit“, „Dia dhuit“ oder „dia gutt" heißt einfach auf deutsch  „segne oder grüße Gott dich" oder  „Gott mit dir", kurz  „Grüß Gott".

Den typisch gälischen Satzbau: Verb + Subjekt, d.h. „Grüß" + „Gott" bzw. Verb + Objekt + Subjekt, z.B. „Grüß dich Gott“ haben die Baiern mit übernommen.

Die Mehrzahl (d.h. Gruß an mehre Personen) lautet „Dia daoibh" [dia ji:əv], also „Gott mit euch" oder „Gruß Euch Gott".

Grammatisch betrachtet stellt diese Grußformel – grüß Gott, sowie griaß eich (griaß enk) resp. pfiat eich (pfiat enk) – kein Imperativ (Befehlsform) dar, sondern ein Wunsch und damit ein Konjunktiv Präsens (Optativ) vor. Das heißt, das segnende Subjekt stellt im Nominativ, das Verb in der Wunschform. Wird das Objekt dialogisch (d.h. in der Art des Gesprächs gestaltet) in der 2. Person angesprochen, lädt der Wunsch zur Erwiderung ein.

Die Formen „griaßt euch“ (mit eingeschmuggeltem >t<) oder „pfiats euch“ (mit  Verbendung >ts<“) sind eine Befehlsformen und daher falsch.

 

Das Verb 'grüßen' kommt aus dem westgermanischen Wort grōtjan ('zum Reden bringen, zum Schreien bringen’) Althochdeutsch (Ahd.) grouӡan mit der Bedeutung ‘anreden, angreifen’ und Mittelhochdeutsch (Mhd.) grüen. Bereits in Mhd. hat das Verb zwei Bedeutungen:

1. grüßen, anreden, ansprechen

2. anreden um etwas herausfordern, anzugreifen, anzutreiben, zu beunruhigen, zu züchtigen

Wie oben erwähnt, ist der Ausdruck „Grüß Gott“ kein Imperativ (Befehlsform), sondern ein Optativ (aus Spätlateinischen (modus) optātīvus, und bezeichnet, 'was erwünscht oder was möglich ist'). In anderen Worten, „Grüß Gott“ bedeutet „möge Gott Sie oder dich grüßen“, analog dem lateinischen benedicereGott segne dich“.

 

Pfia Gott !

Das „Pfiat Gott“ sagen leitet sich vom Verb 'behüten' ab. Ahd. bihuoten ‘besorgen, beachten’, mhd. behüeten ‘bewahren, verhindern’ und heißt nichts anderes als „Gott behüte dich“ (siehe auch andere Formen in Singular und Mehrzahl unten).

Die Erklärung der Lautlichen Verwandlung von behüten → pfiaten ist auch leicht erklärt:
 Die nach 'Synkope' (d.h. die Verkürzung eines Wortes durch Auswerfung einer Silbe oder eines Buchstabens in der Mitte) des -e- entstehende Lautkombination bh ist assimiliert zu pf; hier von einen Lenislaut zu einem Fortislaut.

 

 

 

Obacht beim Griaßgood!

GOTT IST BEI BEGRÜSSUNG UND ABSCHIED DABEI

Ob beim „Griaßgoodsong“ (Grüß-Gott-Sagen, d.h. Begrüßung) oder „Pfiagoodsong“ (Pfia-Gott-Sagen, d.h. Abschied) - da liabe Gott deaf oiwei (immer) dabei sei, wenigsdns de mehra Zeid (meistens). „Griaßgood“ statt „Grüßgott“ signalisiert: Ich rede Mundart. Vornehm wirkt das hauptstädtische „Grüß-Sie-Gott“ bzw. das legere „Griaß Eanagood“ oder „Griaß Eana“.

Ist man per Du, lautet der alltägliche Gruß „Griaßdi“ oder „Griaßdigood“. An mehrere: „Griaßtseich“, „Griaßtsengg“, zamtdem daß hier die Grammatik leicht verwackelt ist (auch: Griaßeich, Griaßengg, Griaßenk).

Obacht beim „Griaßdi“! Neueinwohner greifen es voreilig auf in der Annahme, die Einheimischen seien glücklich, geduzt zu werden. Hingegen passen die Tageszeitgrüße „Guadmoang“ bzw. „Guadmoing“ sowie „Guadnamd“ sowohl zur Sie- als auch zur Du-Anrede.

Das vertrauliche „Servus“ setzt wie „Griaßdi“ das Du voraus. „Grüßgott“ und „Pfiagott“ sind korrektes Hochdeutsch und passen auch, wenn das Gespräch nicht in der Mundart verläuft. Im Geschäftsleben, am Telefon usw. verdrängen diese südhochdeutschen Formen das oft weniger freundlich wirkende „Guten Tag“ oder „Tag“, obwohl in manchen Gegenden Osterreichs nur „Guten Tag“ bzw. „Tag“ üblich ist.

Meiden Sie das zugewanderte „Tach“. Zuwanderer wollen in „Pfiagott“ (Bfiáddi) ein „ü“ und bevorzugen „Pfüagott“. Geplagt fühlen sie sich oft auch von dem „pf~‘. Das „pf“ ist jedoch ein ehrbarer Sprachlaut. Wer zu einem bayerischen Geistlichen „Fiagott, Herr Farrer“ sagt, ist dennoch vielleicht nicht auf ewig verloren. Im Österreichischen ist „Pfiat Good“ geläufig. Die Ansager von Radio- und FS-Sendungen verabschieden sich gern mit diesem Gruß.

Niemanden ist verwehrt, auf „Behüt-Sie-Gott“ und „Behüt-Dich-Gott“ auszuweichen. Die Kinder sagen dann schon „Bhütdich“ und die Enkel wieder „Pfiaddi“. Die Sprache möchte sich dawei (Zeit) lassen wie die Natur. Wir tun gut daran, beide als Kostbarkeiten zu hüten.«

Auszug aus dem Buch von  Prof. Johann Höfer, der „Erzengel der Mundart“ (1925 - 1999)

 Bairisch gredt

 

 

Gruß

Verwendung
Einzahl oder Mehrzahl;
familiär oder formal;
Begrüßung oder Verabschiedung

Entspricht (Hochdeutsch)

Bedeutung

Begrüßung

 Namaste Namasté!

 

 

Griaß God!

Ein-/Mehrzahl; formal; Begrüßung/Verabschiedung

Guten Tag! bzw.
Grüß Gott!

„(Es) grüße (Sie/dich) Gott!“ bzw. „Es segne Sie/dich Gott“

Griaß di (God)!

Einzahl; familiär (Duzform); Begrüßung

Grüß dich! Sei begrüßt!

„(Es) grüße dich (Gott)!“

Griaß enk2/ eich (God)!

Mehrzahl; familiär (Duzform); Begrüßung

Grüß euch!

„(Es) grüße euch (Gott)!“

Griaß Eana / Eahna (God)!

Einzahl; formal; Begrüßung

Guten Tag! bzw.
Grüß Gott!

„(Es) grüße Sie (Gott)!“

Gua(d) Moang!

Ein-/Mehrzahl; familiär/formal;
Begrüßung (Frühstücksgruß bzw. bis ca. 9 Uhr Früh)

Guten Morgen!

„Guten Morgen!“

Guan’ Åmd!

Ein-/Mehrzahl; familiär/formal; Abendgruß (Begrüßung/Verabschiedung)

Guten Abend!

„Guten Abend!“

Habedere!
(Hawedere / Hawedere / Habidere / d’Ere)

Ein-/Mehrzahl; familiär/formal;
Begrüßung/Verabschiedung

Ich habe die Ehre

„(Ich) habe die Ehre!“

 

 

Salve!

Sabbinirica!

Assabinidica!

Der lateinische Gruß 'salve' bedeutet „Heil, Gesundheit, Ganzheit“, ist also ein Segensgruß, der direkte Unversehrtheit bedeutet und wünscht.

(Imperativ vom lateinischen Verb 'salvere'
=  kräftig, gesund sein)

Guten Tag / Hallo / Grüß dich/euch /

Servus

Servus!“

(‘Si salvi chi può!’ =  „Rette sich, wer kann!“)

Servus! / Seavas!

Ein-/Mehrzahl; familiär (Duzform); Begrüßung/Verabschiedung

Häufiger Gruß unter Wanderer, Sportler etc. (auch wenn nicht per Du)

 

Guten Tag / Hallo / Grüß dich/euch

Wortwörtlich übersetzt: „ich bin Dein Diener“1

Abschied

 

 

 

Adjes”!

Ein-/Mehrzahl; familiär/formal; Verabschiedung

Auf Wiedersehen /Wiederschauen!

„Adieu!“ 3

(af) Widaschaung!

Ein-/Mehrzahl; familiär/formal; Verabschiedung

Auf Wiedersehen /Wiederschauen!

„Auf Wiederschauen!“

bà-bà! / pà-pà
- mit Betonung auf der 2. Silbe / (babatschi)

Ein-/Mehrzahl;
herzlich-familiär; Verabschiedung
(mehr in Österreich gebräuchlich)

Auf Wiedersehen /Wiederschauen!

aus einem Lallwort der Kinder entstanden

Guan’ Åmd!

Ein-/Mehrzahl; familiär/formal; Abendgruß

Guten Abend!

„Guten Abend!“

Guade Nåcht/ Guad’ Nacht!

Ein-/Mehrzahl; familiär/formal;
Verabschiedung zur Nacht

Gute Nacht!

„Gute Nacht!“

Kemmts guat hoam!

Mehrzahl; familiär; Verabschiedung

Auf Wiedersehen /Wiederschauen!

„Kommt ihr gut heim!“

Pfia God!
/

(Pfüa Gott)

Ein-/Mehrzahl; familiär/formal; Verabschiedung

Auf Wiedersehen /Wiederschauen!

„(Es) behüte (Sie) Gott!“

Pfiaddi (God)!
(Pfüat di)

Einzahl; familiär (Duzform); Verabschiedung

Auf Wiedersehen /Wiederschauen!

„(Es) behüte dich (Gott)!“

Pfiat enk2/
Pfiats enk/ eich /
Pfiat eich (God)!

Mehrzahl; familiär (Duzform); Verabschiedung

Auf Wiedersehen /Wiederschauen!

„(Es) behüte euch (Gott)!“

Pfiat Eana (God)!

Einzahl; formal; Verabschiedung

Auf Wiedersehen /Wiederschauen!

„(Es) behüte Sie (Gott)!“

Servus! / Seavas!

Ein-/Mehrzahl; familiär (Duzform); Begrüßung/Verabschiedung

Häufiger Gruß unter Wanderer, Sportler etc.

Guten Tag / Hallo / Grüß dich/euch

Wortwörtlich übersetzt: „ich bin dein Diener“1

 

 

1.      Das süddeutsche Servus entspricht dem italienischen Ciao. Interessanterweise ist Servus (=Diener) der ältere Gruß, wir haben es mit einer Formel des Wiener Hofzeremoniells zu tun, im 18. Jahrhunderts spielten dort lateinische Ausdrücke eine große Rolle. Der höfische Gruß wurde vom Bürgertum übernommen und hat sich rasch ausgebreitet: nach Bayern, Böhmen und Südpolen.
In Italien ist daraus
schiavo (=Diener, Sklave) geworden, später verkürzt zu ciao. Die siegreichen österreichischen Offiziere haben 1848/49 den Gruß aus der Lombardei mitgebracht, sie wurden wegen ihres protzerischen Verhaltens als "Tschau" bezeichnet. (Quelle: Robert Sedlaczek, „Sedlaczek am Mittwoch“, Warum das Grüßen so kompliziert ist, 17. Juli 2007)

2.       enk“ ist der Akkusativ- und Dativ-Dual (Dualis) zweiter Person ('Akkusativ Dual'), wird aber gleichbedeutend mit dem Plural verwendet. In der Variante "pfiats ..." wird an "pfiat" (unrichtigerweise, weil es ja die 3. Person Konjunktiv Präsens ist) die Endung für die 2. Person Plural/Imperativ Plural angehängt.

3.       "à dieu" (franz.), "addio" (ital.), "adiós" (span.) bedeutet "auf Gott"/"dem Gott" oder soviel wie "Gott befohlen". Das (für süddeutsche Ohren schrill klingende) norddeutsche „tschüs“ wurde aus dem lateinischen „te deum“ (Gott befohlen!) über das französische „adieu“ und das spanische „adios“ durch niederländische Seeleute importiert und bedeutet nichts anderes als „behüt Dich Gott“. (mehr)

 

 

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Seite zuletzt aktualisiert am 27. September 2018

 

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