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Das Internet hören und fühlen geschrieben von Niki Slawinski (2005)

Die Wahl qualitativer Forschungsmethoden

Qualitative Forschungsmethoden allgemein

Die Wahl von qualitativen Forschungsmethoden lässt sich mit den methodologischen Eigenschaften offener bzw. unstrukturierter Befragungskonzepte, wie sie Heinze erläutert, begründen (vgl. Heinze 2001 S. 27 ff ).

Qualitative Forschungsmethoden eignen sich, so Heinze, bei hoch komplexen und unübersichtlichen Forschungsgegenständen, die bisher noch nicht untersucht wurden und damit unbekannt sind. Das Thema der Internetnutzung blinder Schüler ist aufgrund der vermuteten hohen Relevanz sozialer und psychologischer Ursprünge, der vielfältigen Möglichkeiten, welche das Internet bietet und der zahlreichen Bedingungen, welche eine Internetseite nach der BITV erfüllen muss, hoch komplex und unübersichtlich. Hinzu kommt, dass der Sachgegenstand speziell aus Sicht blinder Schüler in der Wissenschaft, zumindest nach meinem aktuellen Wissensstand, nicht untersucht wurde und damit unbekannt ist.

Mit meiner Untersuchung soll die Struktur eines sozialen Gegenstandes bekannt werden, was ebenso für die Anwendung qualtitativer Forschungsmethoden spricht (vgl. Heinze 2001 S. 27. Die vielen Menschen fremde soziale Welt eines blinden Schülers soll erschlossen werden (vgl. Heinze 2001 S. 30.

Es ist zu betonen, dass die Theorie der Gratifikationsforschung Grundlage der empirischen Studie ist, bei welcher die Sichtweise der Rezipienten im Vordergrund steht. Demnach ist es naheliegend, dass bei der Studie das "Selbst- und Wirklichkeitsverständnis von Individuen" im Mittelpunkt des Interesses steht, was nach Heinze eine weitere Voraussetzung dafür ist, dass es Sinn macht, qualitative Untersuchungsmethoden zu verwenden (Heinze, 2001, S. 29). Deutungen und Relevanzen der einzelnen Aspekte der Internetnutzung sollen möglichst von den Befragten eingehen (vgl. Heinze 2001 S. 154. Des Weiteren geht es um die Aufdeckung "kontextueller Lebensbedingungen", welche für die Internetnutzung bedeutend sind.

Ich möchte induktiv vorgehen, also so, wie es sich bei qualtitativen Untersuchungen anbietet (vgl. Heinze 2001 S. 27. Das heißt, es soll "die erfahrbare Wirklichkeit als Ausgangspunkt" genommen werden. Die Realität soll aus Sicht der blinden Schüler beschrieben werden. Aus den individuellen Erfahrungen versuche ich in der anschließenden Analyse auf allgemeine Aussagen zu kommen. Ich schließe also "vom Besonderen auf das Allgemeine" (vgl. Heinze 2001 S. 15.

Qualitative Interviews, die nach einem offenen, also weitgehend unstukturiertem Konzept aufgebaut sind, setzen auf die Aktivität der Befragten (vgl. Heinze 2001 S. 153. Diese Eigenschaft der qualitativen Untersuchungsmethode steht in Korrespondenz mit dem Nutzenansatz, der vom aktiven Publikum ausgeht (siehe Kapitel "Theorie der Gratifikationsforschung"). Die Befragten können selbst Einfluss auf den Verlauf des Gespräches nehmen und haben die Möglichkeit, Antworten möglichst in eigenen Worten und bei Bedarf auch in ausgedehntem Maße zu formulieren. Die Befragten können selbst die Verantwortung für den thematischen Verlauf der Befragung nehmen.

Die Methoden Gruppenbefragung, -interview und -diskussion

Bei einer Gruppenbefragung wird, so Attesländer, ein Fragebogen in einer Gruppensituation unter Aufsicht eines Forschers schriftlich beantwortet (vgl. Attesländer 1995 S. 174. In Abgrenzung dazu liegt ein Gruppeninterview dann vor, wenn der Interviewer nach einem offenen Konzept Fragen in einer Gruppensitiuation beantworten lässt. Es wird also nicht nur eine Person befragt, sondern mehrere gleichzeitig Anwesende, so dass man mehr Interviews in kürzerer Zeit erhält. Das Vorgehen hat fließende Übergänge zur Gruppendiskussion (vgl. Friedrichs 1980 S. 215. Bei einer Gruppendiskussion erlaubt und beobachtet der Forscher freie Interaktion der Gruppenmitglieder zu einem bestimmten Thema, und setzt "höchstens ausnahmsweise" Fragen ein (vgl. Attesländer 1995 S. 174. Der Forscher ist darauf angewiesen, dass sich die Gruppe anregen lässt, über ein bestimmtes Thema zu diskutieren. Im Gegensatz zur Gruppenbefragung, können die Gruppendiskussionsteilnehmer selbst Fragen stellen, worauf die anderen wiederum reagieren. Der Forscher selbst darf als Außenstehender nur sehr behutsam Fragen in die Runde eingeben, mit dem Ziel die Diskussion in Gang zu halten (vgl. Attesländer 1995 S. 174. Friedrichs beschreibt die geringe Standardisierung als Nachteil, da sich die Antworten der Befragten in unkontrollierter Weise gegenseitig beeinflussen (vgl. Friedrichs 1980 S. 215. Loos hingegen bewertet die Herstellung von Selbstläufigkeit als oberstes Ziel bei der Durchführung einer Gruppendiskussion (vgl. Loos / Schäfer 2001 mit Bezug auf Bohnsack, 1989 und 1999, S. 213. Die Befragungssituation soll sich weitgehend an eine natürliche Gesprächssituation annähern. In der Gruppe soll eine gesprächsförderliche Atmosphäre herrschen (vgl. Loos / Schäfer 2001 S. 52.

Bei der Gruppendiskussion wird also ein offenes Konzept verwendet (vgl. Attesländer 1995 S. 171. Offene Konzepte werden "zur Klärung von Zusammenhängen" genutzt, so Attesländer, und entwickeln sich zunehmend zum Hauptinstrument in qualitativ ausgerichteter Forschung. Nach Kromrey ist das Gruppeninterview als eine Form der mündlichen, teilstandardisierten und die Gruppendiskussion als eine Möglichkeit der mündlichen, nicht standardisierten Befragungsform zu sehen(vgl. Kromrey 2002 S. 376. Flick sieht in Gruppendiskussionen die Chance, Meinungen und Einstellungen der Befragten festzustellen. Allerdings ist der Verlauf der Diskussion kaum planbar, was Flick als Problem der Durchführung aufführt (vgl. Flick 1995 S. 147.