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Schöner Sterben in Bern. Lou Becks fünfter Fall. emons-Verlag (2021).

In Lou Becks fünftem Fall geht es um Menschen, die sterben wollen und um solche, die bereit sind, jeden Preis zu zahlen, um weiterleben zu können. Und es geht um eine Tochter, die sich auf die Suche nach ihrer spurlos verschwundenen Mutter macht und dabei auf ein grauenhaftes Geschäftsmodell stösst. Der Roman beschäftigt sich mit realen Abgründen der heutigen Medizin, wie immer aufwändig recherchiert und spannend erzählt.

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Handlungsorte diesmal: Bern, Bielersee in der Nacht, eine psychiatrische Klinik auf dem Land. Die Uhr auf dem Cover … kommt sie Ihnen bekannt vor?

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Ein gellender Schrei liess mich erstarren. Mutter! Ich warf mich voller Angst herum. Aber sie war nicht nur unverletzt, sie griff an. «Mengele! Nazi-Schwein!», meinte ich zu hören, während sie mit dem Mann zusammenprallte und die beiden zu Boden gingen.

 

Und so beginnt der Roman:

Meine Augen drohten zuzufallen. Mitten im Gehen. Ich liess den Kopf hängen, schaute auf den Boden vor meinen Füssen, setzte wie ein Automat Fuss vor Fuss. Fuss vor Fuss. Rechts vom Kiesweg wuchsen Blumen, rote, blaue, gelbe Blumen.
„Stiefmütterli“, sagte meine Mutter.
Ich wollte mich hinlegen, neben diese Blumen legen, schlafen, bloss ein paar Minuten schlafen. Aber wir mussten weiter, mussten unbedingt weiter. Ich schloss einen Moment die Augen, nur kurz …
«Gehen wir jetzt nach Hause?», fragte meine Mutter.
Sie sprach etwas weniger langsam und undeutlich, aber immer noch, als ob sie das Sprechen verlernt hätte, bei jedem Wort überlegen müsste, wie die Laute geformt werden. Sie schlurfte mit kleinen Schritten neben mir her, der ganze Körper steif wie ein Roboter, die Arme seitlich angedrückt. Aber sie hatte mich erkannt, redetet mit mir.
Ich riss die Augen wieder auf. Wir mussten hier raus, so schnell wie möglich. Ich musste sie in Sicherheit bringen. Mutter blieb stehen. Ich zog sie am Arm weiter. Es fühlte sich an, als ob ich durch dickflüssigen Sirup waten würde.
«Dort vorne geht es nach Hause. Komm mit, du wirst sehen», sagte ich.
Wir gingen weiter, Schritt für Schritt, während ein überwältigendes Gewicht mich zu Boden drückte. Ich meinte zu spüren, wie der Antagonist seine Wirkung von Sekunde zu Sekunde mehr verlor und das Barbiturat den Kampf gewann. Eine Dosis, die ein Pferd einschläfern würde, hatte die Pflegerin gesagt und fröhlich gelächelt dabei. Ich würde es nicht mehr lange schaffen, wach zu bleiben. Ich hatte zu viel Zeit verloren. Verzweiflung riss mich hoch, gab mir die Energie, meine Augen aufzureissen. Wir mussten weg von der Klinik, so weit wie möglich weg, uns verstecken, raus aus diesem Park. Ich spürte Tausend Blicke auf meinem Rücken, während wir uns ungeschützt über den offenen Rasen bewegten. Schon bald würden sie bemerken, dass wir weg waren, würden uns suchen und zurückbringen. Ich hatte noch immer keine Ahnung weshalb, aber innerhalb dieser Mauern waren wir in tödlicher Gefahr.


Weites Land. Lou Becks vierter Fall. emons-Verlag (2018, 240 Seiten).

Im Westen Kanadas sterben die Mitglieder eines kleinen First-Nation-Volkes an einer rätselhaften Krankheit. Lou Beck reist nach Fort Fraser, um ihren Geliebten Philipp Laval zu unterstützen, der im Auftrag von Health Canada für die Planung von Gesundheitsprogrammen für die Ureinwohner verantwortlich ist. Philipp wird dabei mit seinen eigenen Wurzeln bei den kanadischen Cree konfrontiert und stürzt in eine tiefe Krise. Lou und Philipp werden in Fort Fraser mit Misstrauen und Feindseligkeit empfangen. Schnell erhärtet sich der Verdacht, dass der Ausbruch der lebensgefährlichen Krankheit bei den Stellat’en mit dem Widerstand der First Nations gegen den Bau einer Öl-Pipeline zusammenhängt.

Das wunderbare Cover-Foto des Buches mit dem auffliegenden Uhu stammt übrigens von Andy Iten.

«Kanada, das ist unberührte Natur – Wildnis, Einsamkeit und unendliche Wälder mit Bären drin. Für viele Leute ein Sehnsuchtsort, zumal Kanada auch noch als besonders liberales Land gilt. „Weites Land“, so der Titel eines Kriminalromans der Schweizer Wissenschaftlerin und Autorin Nicole Bachmann, räumt mit diesen Vorurteilen gründlich auf. Ein bisschen unberührte Natur und ein Bär kommen in der Geschichte auch noch vor. Aber die größte Stärke des Buches ist der komplexe Umgang mit Gegenwart und Vergangenheit der indigenen Völker in Kanada. Mit Armut, Alkoholismus, Missbrauch und einem kollektiven Umerziehungstrauma…»

Erla Bartmann, B5-Kulturnachrichten, Bayrischer Rundfunk, 2. Mai 2018.

 

 

 

 

 

 

 

Endstation Bern. Lou Becks dritter Fall. emons-Verlag (August 2014, 302 Seiten).

Ein Mörder geht um in Bern. Die Opfer sind alle männlich, stammen aus dem Ausland, wurden nach ihrem Tod nackt ausgezogen und mit weisser Farbe beschmiert. Der Schauplatz der Verbrechen ist Ausserholligen, bekannt als ein sozialer „Hotspot“ Berns. Ein rechter Politiker nutzt die Gunst der Stunde und schürt den Fremdenhass. Lou Beck, Epidemiologin im Privatspital Walmont, störrisch und gefährlich neugierig, stösst auf eine alte Krankheit, die in neuer tödlicher Form wieder aufgetaucht ist. Auf der Suche nach der Quelle der gefährlichen Krankheit trifft sie auf eine Gruppe von Sans-Papiers, die im Berner Untergrund leben. Zusammen mit ihrer Freundin Helga Sommer, einer Hebamme, und Holger Grimm, Kinderarzt am Walmont, versucht Lou den Menschen zu helfen. Da verschwindet Holger und Lou ahnt, dass er in höchster Gefahr schwebt. Ein Rennen gegen die Zeit beginnt.

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Inzidenz. Lou Becks zweiter Fall. salis-Verlag, 2011, 393 Seiten.

»Aber Gian ging nicht nach Hause ins Bett. Stattdessen löschte er sorgfältig seine gesamten per­sönlichen Daten vom Server des Bundesamts, stellte seine Tim-und-Struppi-Figuren auf dem Arbeitstisch in einem Kreis auf, in dessen Mitte Tim ganz alleine stand, verließ sein Büro und kletterte auf die Brüstung, die den Gang des vier­ten Stocks von dem offenen Innenhof sechzehn Meter weiter unten abgrenzte. Und sprang.«

Lou Becks einzelgängerischer Freund Gian Cavegn begeht Selbstmord an seinem Arbeitsplatz, dem Bundesamt für Statistik in Neuenburg. Doch Lou glaubt nicht an Suizid, sie beginnt zu ermitteln. Dabei stößt sie auf rätselhafte Vorgänge bei Ca­vegns Arbeitgeber und auf sein lange gehütetes Geheimnis. Die Liebe zu Philippe Laval und die Freundschaft zu Helga stehen dabei auf dem Spiel. »Doppelblind«, der erste Krimi der sel noir-Reihe, war 2008 ein erfolgreiches Debüt für Nicole Bachmann und ihre Ermittlerin Lou Beck. »Inzidenz« ist die ungeduldig erwartete Fortsetzung, härter, düste­rer und atemloser.
Gebunden, 400 Seiten, 12.5 x 19 cm
€ 19.90 / CHF 34.80
ISBN 978-3-905801-39-2
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LEIDER VERGRIFFEN: Doppelblind. Lou Becks erster Fall. salis-Verlag, 2008. 224 Seiten.

Lou, eigentlich Dr. Louisa Beck, Epidemiologin, Mitte dreissig, Single, stur und gefährlich neugierig, arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im städtischen Privatspital Walmont. Während einer Routineanalyse der Patientendaten stösst sie auf eine massiv erhöhte Sterblichkeitsrate – und schlittert wegen ihres Gerechtigkeitssinns und ihrer Hartnäckigkeit wider Willen mitten in einen mörderischen Skandal.

»Gute Thriller im Krankenhausmilieu gibt es durchaus den einen oder anderen – man denke nur an Robin Cook oder Peter Clement – aber was diese Newcomerin aus der Schweiz abgeliefert hat, das ist mehr als achtbar: Atemberaubend und spannend bis zum Schluss, überdies ausgesprochen informativ in Punkto klinische Studien.« krimi-forum.de

Gebunden, 224 Seiten, 12.5 x 19 cm
€ 16.90 / CHF 29.80
ISBN 978-3-905801-20-0

 

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