ERMITTLUNG  DES  SCHADENERSATZWERTS  VON  BÄUMEN
 

Baumwert = Schadenersatzwert

Im Gegensatz zur deutschen Rechtspraxis anerkennt die Schweizerische Rechtspre-
chung mit dem Bundesgerichtsentscheid vom 19. Januar 2001 keinen eigenständigen Baumwert, sondern nur den Schadenersatzwert eines Baumes. Im Sinne des Zeit-
werts einer Sache gesteht das Leiturteil bei einem grossen Baum einen höheren Schadenersatzanspruch zu als bei einem kleinen. Mangels objektiven Bemessungs-
möglichkeiten finden aber ideelle Werte eines Baumes wie emotionale Bindung, ästhetische Wirkung, historische oder ökologische Bedeutung keinerlei Berücksich-
tigung.

Wenngleich diese streng am Sachenrecht orientierte Rechtsauffassung von nicht-
juristischen Kreisen nur schwerlich nachvollzogen werden kann, ist sie für die gutach-
terliche Schadenermittlung bindend. In Anpassung an das Gerichtsurteil hat der Bund Schweizer Baumpflege mit meiner Mitwirkung entsprechende Richtlinien ausgearbei-
tet.

Die Höhe eines zu leistenden Schadenersatzes bemisst sich nach dem gesamtem Aufwand, der zur Beseitigung des geschädigten Baumes, Wiederherstellung des Baumstandortes sowie Beschaffung und Pflanzung eines Ersatzbaumes samt Anfangspflege benötigt wird. Liegt nur ein Teilschaden vor, entspricht dieser anteil-
mässig dem Totalschaden. Einzigartig an der entwickelten Schadenersatzberechnung ist, dass sie auf baumartspezifische Eigenheiten (Empfindlichkeitsklassen) und die Art der Schädigung (Wurzelverlust, Kronenverlust und Holzschäden) eingeht.

Für gross gewachsene geschädigte Bäume besteht grundsätzlich ein Ersatzanspruch auf den grösstmöglichen am Markt erhältlichen und am gegebenen Standort mit Aus-
sicht auf guten Wuchserfolg noch verpflanzbaren Baum, wobei der Ersatzbaum natür-
lich nicht grösser sein darf als der geschädigte. Aus baumpflegerischer Sicht macht dies wenig Sinn, da sich grösseres Pflanzgut entschieden langsamer an den neuen Standort gewöhnt als kleine Bäumchen. Dessen ungeachtet bemisst sich der Scha-
denersatzanspruch aber nach der grösstmöglichen Variante.

Ein erheblicher Spielraum besteht nach wie vor in der rechtlichen Auslegung, wie weit sich die Zumutbarkeit der Ersatzpflicht erstreckt, werden Transport und Verpflanzung eines Grossbaumes mit Tieflader, Hochlast-Kran und benötigter Mannkraft doch ex-
trem kostspielig. Die Kunst der Schadenersatzermittlung liegt deshalb nicht zuletzt darin, eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung zu finden, die langwierige und teure Gerichtsverfahren möglichst erspart.

 

Totalschaden an alter Buche infolge Wurzelverlust wegen Erstellung eines Neubaus mit Tiefgarage

 

BGE 19.01.2001

 

 

 

Auszüge OR

 

 
  Auszüge ZGB