Balkankriege
Als "Balkankriege" werden in Abgrenzung zu anderen auf der Balkan-Halbinsel stattgefundenen militärischen
Konflikten (u. a. "Griechischer Bürgerkrieg", "Jugoslawien-Kriege") zwei kurz vor dem Ausbruch des Ersten
Weltkriegs auf dem Balkan geführte Auseinandersetzungen bezeichnet.
Vorgeschichte und Kriegsbeginn des Ersten Balkankrieges
1912 hatten Serbien, Bulgarien, Montenegro und Griechenland auf Initiative Russlands den "Balkan-Bund" geschlossen.
Ziel war die Aufteilung des europäischen Teils des Osmanischen Reiches unter den Bündnis-Partnern. Im Oktober
1912 erklärte der Balkan-Vierbund dem Osmanischen Reich den Krieg.
Die osmanische Armee war durch ihre Niederlage im Libyen-Krieg gegen Italien (1911/12) schwer angeschlagen.
Wegen der Gefahr eines russischen Angriffs waren in Ostanatolien große Truppenverbände gebunden und konnten
deshalb nicht in den europäischen Gebieten eingesetzt werden. Die schwachen osmanischen Truppen auf dem Balkan
wurden in einem kurzen Krieg ("Erster Balkankrieg", 8. 10. 1912 - 1. 5. 1913) geschlagen. Der Versuch der
bulgarischen Armee, Istanbul (Konstantinopel) im November 1912 zu erobern, scheiterte allerdings.
Der Zweite Balkankrieg
Das Osmanische Reich musste im Friedensvertrag von London (30. 5. 1913) auf alle europäischen Gebiete bis auf
einen kleinen Rest westlich von Istanbul verzichten. Albanien, das am 28. 12. 1912 seine Unabhängigkeit vom
Osmanischen Reich erklärt hatte, wurde völkerrechtlich anerkannt.
Über die Verteilung der Beute kam es unter den Kriegssiegern zum Streit, der rasch eskalierte. Bulgarien griff
im Juni 1913 Serbien an. Daraufhin stellte sich Griechenland auf die Seite von Serbien. Ohne Kriegserklärung
begann Bulgarien am 29. 6. 1912 mit Angriffen auf serbische und griechische Verbände den "Zweiten Balkankrieg".
Rumänien, das die südliche Dobrudscha von Bulgarien erringen wollte, ging selbständig gegen Bulgarien vor,
ebenso das Osmanische Reich.
Das allein kämpfende Bulgarien erlitt eine vernichtende Niederlage. Im Bukarester Frieden vom 10. August 1913
musste Bulgarien die Süd-Dobrudscha an Rumänien abtreten, Mazedonien wurde zwischen Serbien und Griechenland
aufgeteilt und das halbautonome Kreta durfte sich offiziell mit Griechenland vereinen. Dem Osmanischen Reich
wurde gestattet, das von Bulgarien zurückeroberte Adrianopel-Gebiet (Ostthrakien) zu behalten. Bulgarien, das
fast alle seine im "Ersten Balkankrieg" besetzten Gebiete räumen musste, erhielt auf Druck Russlands in
Westthrakien einen Zugang zum Mittelmeer.
Zündstoff für weitere militärische Konflikte
Die Ergebnisse des Krieges beinhalteten neuen Zündstoff für weitere Konflikte in der Balkan-Region. Weder Serbien
und Griechenland noch Bulgarien oder das Osmanische Reich waren bereit, sich mit den neuen Grenzen abzufinden und
strebten eine Revision an. Zum Teil wurden diese Forderungen wenig später Gegenstand militärischer Engagements
im Ersten Weltkrieg.
In den beiden Balkankriegen verloren ungefähr eine halbe Million Soldaten ihr Leben. Massaker, Flucht und
Vertreibungen forderten eine unbekannte Zahl an Opfer in der Zivilbevölkerung.