Beleidigte Potentaten in Kuwait

In Kuwait sind Sicherheitskräfte gewaltsam gegen Kritiker des Emirs vorgegangen. Der soll sich, wie andere Golfherrscher auch, beleidigt gefühlt haben.

Ulrich Schmid, Jerusalem
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Aufstand der Sicherheitskräfte: Der Emir von Kuwait (Mitte) soll sich, wie andere Golfherrscher auch, beleidigt gefühlt haben (Aufnahme vom 13. März). (Bild: Hassan Ammar / AP)

Aufstand der Sicherheitskräfte: Der Emir von Kuwait (Mitte) soll sich, wie andere Golfherrscher auch, beleidigt gefühlt haben (Aufnahme vom 13. März). (Bild: Hassan Ammar / AP)

Kuwait hat lange Zeit als der Golfstaat mit der vitalsten Bürgergesellschaft gegolten. Dies war auch der Grund dafür, dass Kuwait den Internen Sicherheitspakt des Golfkooperationsrats, der bereits 1982 initiiert worden war, lange Zeit ablehnte und dann als letztes Land unterzeichnete. Nun allerdings sind es ironischerweise kuwaitische Aktivisten, die als Erste die Vorkehrungen dieses Paktes zu spüren bekommen. In Kuwait-Stadt haben Sicherheitskräfte am Montagabend rund 500 Demonstranten auseinandergetrieben, die die Freilassung politischer Gefangener sowie demokratische Reformen verlangten. Ähnliche Demos hatte es in den letzten Wochen und Monaten bereits mehrere Male gegeben, nur hatte die Polizei bisher nicht so entschieden eingegriffen.

Laxe Definition

Politische Emanzipation ist also der eigentliche Streitpunkt. Die Sprachregelung am Golf dafür ist indessen «Beleidigung». Demonstriert wurde am Montag für die Freilassung des Oppositionsführers Mussallam al-Barrak, der im letzten Sommer festgenommen und wegen Beleidigung des Emirs von Kuwait zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden war. «Beleidigung», rechtlich extrem lax definiert, ist in den meisten Golfstaaten ein schweres Verbrechen und kann daher mit Leichtigkeit gegen politische Gegner eingesetzt werden.

Immerhin ist es in diesem Fall ein Kuwaiter, der verbal so beklagenswert roh behandelt wurde. Es gibt aber auch Kuwaiter, die für Torts büssen, die sie anderen Herrschern angetan haben. Der bekannteste ist der 26-jährige Satiriker Muhammad al-Ajmi, der laut eigenen Angaben im Januar schon zum wiederholten Male vom Staatssicherheitsdienst festgesetzt und verhört wurde. Die rechtliche Basis der Verhaftung war der Sicherheitspakt des Golfkooperationsrats, der Auslöser die Klage des saudiarabischen Aussenministers, Ajmi habe Tweets gepostet, in denen das Königshaus der Saudi beleidigt und das (in Riad offenbar als positiv eingestufte) Menschenrechtsimage von Saudiarabien beschädigt worden sei.

Ajmi ist seinen Fans als Abo Asam bekannt. Er ist in der ganzen Golfregion beliebt und hat rund 150 000 Freunde auf Twitter – das könnte ein Grund dafür sein, dass er bisher relativ glimpflich davongekommen ist. Andere haben es schwerer. In den letzten Monaten sind in Kuwait mehrere Menschen verhaftet worden, die andere Golf-Potentaten beleidigt haben sollen. Der Journalist Hamid Buyabis wird festgehalten, weil dem Kronprinzen von Dubai sein virtuelles Gezwitscher nicht gepasst hat. Der Oppositionsführer Tariq al-Mutairi wurde vor ein paar Tagen nach einer Intervention des saudiarabischen Aussenministeriums vorübergehend festgesetzt; ein Islamist fast gleichen Namens, Hakim al-Mutairi, kam Ende Jahr erst gegen Bezahlung einer Kaution wieder auf freien Fuss.

Bedrohte «Pax Saudiana»

Abo Asam, der Satiriker, fürchtet vor allem das Staatssicherheits-Gesetz, laut dem jeder, der Kuwait einer «Kriegsgefahr aussetzt» oder einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Kuwait und einem anderen Land herbeiführt, lebenslang ins Gefängnis geworfen werden kann. Den Golfstaaten, vor allem dem offenbar hyperempfindlichen saudischen Königshaus, kommen derartige Paragrafen allerdings entgegen. Riad fürchtet den zunehmenden iranischen Einfluss in der Region. Bereits als in Bahrain Unruhen ausbrachen, wurde Teheran beschuldigt, Drahtzieher zu sein; dass Iran in Jemen mitspielt, ist offenkundig. Langsam entwindet sich Sanaa dem Griff seines reichen nördlichen Nachbarn, der seine rigide «Pax Saudiana» offenbar mit allen Mitteln aufrechtzuerhalten gedenkt. Die Golfstaaten scheinen, zumindest fürs Erste, mitzuziehen.