Jakob Büchler:

Ein Nationalrat lobbyiert für den Bettag

CVP-Nationalrat Jakob Büchler leitet die parlamentarische Gruppe «Christ und Politik». Im Interview begründet er, warum der Bettag in der Schweiz auch nach Jahrhunderten noch in der Agenda des Landes stehen soll und was Vergebung mit seiner Arbeit im Parlament zu tun hat.
Jakob Büchler

viertelstunde: Jakob Büchler, vor Jahrhunderten verordneten die Regierungen in der Schweiz dem Volk so genannte Bettage. Ist das ein alter Zopf, den man heute abschneiden könnte?
Jakob Büchler:
Nein, wir sollten diese Tradition unbedingt erhalten. Als Christen dürfen wir uns nicht ins Schneckenhaus zurückziehen. 

In der heutigen Gesellschaft wirkt das doch etwas penetrant.
Wir sind überanständig, wollen unbedingt vermeiden, als Frömmler angesehen zu werden. Sehen Sie, wenn ich in andere Länder reise, ist es ganz natürlich, dass dort die Menschen ihren Glauben zeigen. Warum sollten wir dies nicht tun? 

Dann sind Sie also ein solcher «Frömmler»?
Wichtig ist mir zu wissen und zu bekennen, dass es über uns eine höhere Macht gibt. Der Glauben an den Herrgott war für mich immer prägend. Wenn wir sterben, geht es weiter nach dem irdischen Leben. Das gibt mir Kraft und Motivation. 

Das ist Ihr privater Glaube. Nun bekennen Sie und die Hälfte aller Parlamentarierinnen und Parlamentarier öffentlich ihren christlichen Glauben. Passt das zur säkularen Schweiz?
Das religiöse Gefühl in der Bevölkerung ist heute tatsächlich nicht mehr so gross. Das müssen wir akzeptieren. Das scheint mir aber auch eine Wohlstandserscheinung. Sobald etwas Gröberes passiert, ein grosses Unglück, eine Katastrophe, sind die Kirchen wieder voll. 

Trotzdem, kann die Politik dem Land den Glauben vorschreiben? 
Darum geht es nicht. Die Schweiz hat aber eine christliche Tradition, ein Erbe, das wir ernst nehmen müssen: Das Kreuz in der Schweizer Fahne, die Landeshymne, die Präambel in der Verfassung sind Zeichen dafür. Und übrigens auch grosse christliche Vorbilder, wie Niklaus von Flüe, der ja auch im Bundeshaus einen Ehrenplatz erhalten hat.

Das halbe Parlament hat den Bettagsaufruf unterschrieben. Warum?
Es ist eine Botschaft an das Land. Ich kenne natürlich nicht alle persönlichen Motive der Kolleginnen und Kollegen. Ich meine, vielen ist es einfach ein Anliegen, dass wir den christlichen Glauben in unserem Land als Religion anerkennen und ihn nicht einfach beiseite legen. Der Bettag soll der Tag sein, an dem wir Gott danken und etwas Gutes tun.

Und für Sie persönlich, welche Bedeutung hat der Bettag?
Der Bettag ist für mich ein Bekenntnis, eine Möglichkeit, mich öffentlich zu meinem Gottesglauben zu stellen, der schon immer mein Leben prägte. Dabei soll das natürlich nicht nur am Bettag geschehen. Das Gebet gehört zum Leben wie essen und trinken auch. Eigentlich sollte jeder Tag mit einem Gedanken an unseren Schöpfer enden und ein neuer Tag damit beginnen. 

Warum machen wir das nicht? 
Wir sind im Alltag gehetzt und reizüberflutet. Ich merke aber immer mehr, wie gut es tut, einen Moment innezuhalten und sich über grundsätzliche Fragen des Lebens Gedanken zu machen. 

Die sind ...  
Wo bin ich? Was tue ich? Wohin gehe ich? Das sind die Fragen, auf die wir in unserem Leben Antworten brauchen. 

Hilft Ihnen dabei auch die Kirche?  
Ich gehe regelmässig zur Kirche. Für mich ist der Gottesdienst ein solcher Ort, an dem ich zur Ruhe kommen kann – (lacht): Ich meine natürlich nicht, dass wir dort schlafen sollen! 

Was lernen Sie dort?  
Nächstenliebe beispielsweise. Dazu gehört, dass ich mein Gegenüber akzeptiere. Dass ich ihm zugestehe, sich so einzubringen, wie er ist. Auch wenn er andere Meinungen, Verhaltensweisen und Prinzipien lebt – als Mensch soll ich ihn trotzdem mögen. Diese Haltung möchte ich leben, besonders auch in der Politik. 

Das geht über Parteigrenzen hinaus?  
Auf jeden Fall. Es gibt keinen Grund, über einen politischen Gegner als Mensch zu richten. Mir ist ein Satz wichtig geworden, den Jesus sagt: «Wer von euch ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein (auf die Ehebrecherin -Red.)». Jesus sagt hier ganz klar, dass auch ein sündiger Mensch von Gott geliebt wird. 

Was schliessen Sie persönlich aus dieser Haltung von Jesus?  
Für mich ist es ein Zeichen, dass es Vergebung gibt. Weil ich Gott über mir weiss, ist mir auch bewusst, wie wichtig es ist, unseren Mitmenschen zu vergeben; nicht nur in Bezug auf das diesseitige Leben, sondern auch im Bewusstsein, dass es nach dem Tod weitergeht.

Datum: 30.08.2013
Autor: Thomas Hanimann
Quelle: Viertelstunde fürs Beten

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