Der moderne Mensch

Ein Mensch hat sich in der Wüste verirrt. Er wird verdursten, wenn keine Hilfe kommt. Da sieht er vor sich Palmen, ja, er hört sogar Wasser sprudeln. Aber er denkt: "Das ist nur eine Fata Morgana, meine Phantasie spiegelt mir etwas vor. In Wirklichkeit ist da nichts."

Ohne Hoffnung, halb wahnsinnig, läßt er sich zu Boden fallen. - Kurze Zeit später finden ihn zwei Beduinen - tot. "Kannst du so etwas verstehen?" sagt der eine zum andern, "so nahe am Wasser, und die Datteln wachsen ihm fast in den Mund! Wie ist das möglich?" Da sagt der andere: "Er war ein moderner Mensch!" (Quelle unbekannt)

Mit den modernen Verkehrsmitteln können wir in immer kürzerer Zeit immer mehr Orte in der Welt erreichen. Das ist ohne Zweifel ein grosser Fortschritt für die Menschheit. Ich zum Beispiel bin froh über die öffentlichen Verkehrsmittel und mein Auto – aber auch über mein Fahrrad und noch mehr über meine Füsse und Beine.

Wir moderne Menschen sind aber auch in Gefahr, vor lauter Mobilität uns selbst zu verlieren. Den Weg zu uns selbst nicht mehr zu finden. Unser eigentliches, wahres Wesen nicht mehr wahrzunehmen.

Die Kommunikation ist in unserer modernen Welt allgegenwärtig. Wir können uns an fast jedem beliebigen Ort laufend über das aktuelle Geschehen informieren und mit andern Menschen in Kontakt treten. Die fast unbeschränkten kommunikativen Möglichkeiten sind in vielem ein Segen für die Menschheit.

Wir moderne Menschen laufen aber gerade auch deswegen Gefahr, immer sprachloser zu werden, was unser Innenleben betrifft, was uns eigentlich angeht und umtreibt. Wir verlernen zunehmend das zwischenmenschliche Gespräch, das uns erst wirklich miteinander verbindet, in dem wir uns gegenseitig als Person und in unserm Sosein erst eigentlich hören und verstanden fühlen.

Unsere westliche Welt ist zu einer Konsumgesellschaft geworden. Wir können fast alles aus fast allen Ländern der Welt kaufen. Die Konsummöglichkeiten sind allgegenwärtig. Ich geniesse es, mir das besorgen zu können, was ich brauche und mir zudem gefällt.

Wir moderne Menschen sind aber vor lauter materiellem Überfluss in Gefahr zu übersehen, was uns wirklich nährt, was unserer Seele gut tut, was uns auch in schwierigen Zeiten aufrecht erhält, was uns mit innerem Frieden erfüllt: „Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.“ (Joh 6,35)

Datum: 01.09.2005
Autor: Roman Angst
Quelle: Bahnhofkirche Zürich

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