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Erste Hilfe Karriere Mit 40 hat man noch Träume

Ab 40 Jahren nimmt einen kein neuer Arbeitgeber mehr - der Glaube an diese Karriereschallmauer sitzt tief, bei manchem aus bitterer Erfahrung. Aber ein Berufswechsel für Forty-Somethings ist keine Mission Impossible. Beraterin Uta Glaubitz zeigt an vier Beispielen, wie es gehen kann.
Hoch hinaus: Alter ist kein Grund, nicht vielleicht doch die Richtung zu ändern

Hoch hinaus: Alter ist kein Grund, nicht vielleicht doch die Richtung zu ändern

Foto: Corbis

Mit 40 hat man mehr Falten - und man hat mehr drauf. Manch einer traut sich deshalb beruflich mehr zu und schlägt mitten im Leben einen neuen Weg ein. Wie das gehen könnte, wie lange es dauert und wie viele Bewerbungen nötig sind, zeigen vier Berufswechsler über 40: Claudia Metze (Wechsel mit 42), Dagmar Stratenschulte (Wechsel mit 45), Manuel Gode (Wechsel mit 47), Mona Zimmermann (Wechsel mit 48).

Sie alle zeigen: Es geht. Auch wenn Arbeitgeber nach landläufiger Meinung kein Interesse an Arbeitnehmern um die 40 haben. Für die meisten erfahrenen Arbeitnehmer findet sich ein Plätzchen. Voraussetzung ist eine gute Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und des Bedarfs am Arbeitsmarkt. Und oft braucht es etwas Geduld.

An diesen vier Berufswechslern kann man sehen: Wie lange jemand für einen Berufswechsel braucht, ist davon abhängig, von welchem Ausgangs- zu welchem Zielberuf man wechselt. Dafür ist man über 40 nicht zu alt. Oft hat man die Hälfte seines Berufslebens noch vor sich.

Claudia Metze - von der Zahnarzthelferin zur Konditorin

Metze: Patisserie und Bakery

Metze: Patisserie und Bakery

Foto: Dagmar Stratenschulte

Claudia Metze hat mit 16 Jahren ihre Ausbildung zur Zahnarzthelferin in Berlin begonnen und 25 Jahre lang in dem Beruf gearbeitet: "Es hat mir immer Spaß gemacht, aber ich wusste: Ich mache noch mal etwas anderes." So kommt sie 2008 zur Berufsberatung und entscheidet sich, ein Café zu eröffnen.

Claudia stellt sich ein Beraterteam aus einem Gastronomen, einem Handwerker und einer Existenzgründungsberaterin zur Seite. Sie macht ihren Lebensmittelschein, absolviert Kurse in französischer Patisserie und American Bakery. Der Rest geht autodidaktisch, was zu einer Sammlung von über 100 Backbüchern führt. Nebenbei beginnt sie, kleine Cateringaufträge zu übernehmen: Ein Zahnlabor bestückt seine Präsentkörbe mit ihren Plätzchen, ein anderes Café lässt Kuchen von ihr backen.

Zweieinhalb Jahre nach der Entscheidung findet Claudia im Internet ein Kiezcafe, das zum Verkauf steht. Am 1. Oktober 2011 eröffnet sie das Lotte Jakob in Berlin-Friedenau, benannt nach ihrer Großmutter.

Dagmar Stratenschulte - von der Buchhalterin zur Fotografin

Auf Anraten ihrer Mutter hatte Dagmar Stratenschulte in Bad Oeynhausen eine Ausbildung zur Buchhalterin gemacht. Sie bekam zwei Töchter und hörte auf zu arbeiten. Als die Töchter älter wurden, schwante ihr:"Alle entwickeln sich weiter, nur ich nicht." Also ging sie zur Berufsberatung und entschloss sich, Fotografin zu werden. Zuvor war die Fotografie nicht mehr als ein Hobby.

Aber soll sie wirklich mit 45 Jahren noch eine Ausbildung machen? Und in der Berufsschule neben 18-Jährigen sitzen? Sie schreibt eine Bewerbung an ein etabliertes Fotostudio in Berlin und hört erst einmal nichts. Sie fragt nach und bekommt immerhin einen Termin. Dort empfängt der Fotograf sie mit den Worten: "Na, da haben Sie sich ja was vorgenommen." Dann setzt er hinzu: "Und wir möchten Sie gern dabei unterstützen."

Inzwischen hat Stratenschulte Dutzende von Hochzeiten und Bewerbern fotografiert, Webauftritte von Ärzten und Rechtsanwälten mit Fotos bestückt und Aufträge unter anderem für die Freie Universität Berlin, einen Telekommunikationsverband und einen Kongressveranstalter übernommen. Am Ende hat sie eine einzige Bewerbung für ihren Umstieg gebraucht. Von der Entscheidung für die Ausbildung bis zum ersten Ausbildungstag dauerte es etwa vier Wochen. Wegen guter Leistungen konnte sie die Lehre von drei auf zweieinhalb Jahre verkürzen.

Manuel Gode - vom Drucker zum Energiekundenberater

Auch Manuel Gode hat im Februar 2012 seinen neuen Job im Vertrieb angetreten. Seine Kunden werden kleine und mittelständische Unternehmen sein - eine Welt, die er aus 30 Jahren Berufserfahrung kennt. Denn bereits mit 14 Jahren hatte er seine Ausbildung zum Drucker begonnen. Später wird er Abteilungsleiter, Betriebsleiter, Prokurist und schließlich geschäftsführender Gesellschafter einer mittelständischen Offset-Druckerei in Dortmund. Der Betrieb ist 2010 insolvent, Manuel wickelt ihn ab. Danach ist er 47 und kommt zur Berufsberatung.

Neben seinem Beruf war er drei Jahre selbstständiger Handelsvertreter für die Hamburg Mannheimer. Dort wurde er in Vertriebstechniken geschult: Akquise, Telefonieren, Einwandbehandlung, Abschlusstechnik. Also beschließt er, in den Vertrieb zu gehen, aber nicht in die Versicherungs- und auch nicht in die Druckbranche.

Aber was und wie? Zunächst setzt er sich an eine Bewerbung. Das fällt ihm ihm gar nicht so leicht, denn hat Gode für seine Karriere kein einziges Mal Bewerbungsunterlagen gebraucht. Auf der Internetseite einer Personalberatung, die für einen der weltweit größten Stromanbieter arbeitet, findet er die Stellenanzeige Sales Manager Energieversorgung. Er mailt seine Bewerbung und wird fünf Minuten später zurückgerufen. Man vereinbart ein einstündiges Telefoninterview. Danach empfiehlt ihn der Personalberater an den Energieversorger. Auch hier verlaufen Telefoninterview und Vorstellungsgespräch erfolgreich. Einige Tage später erhält Manuel die Zusage.

Fazit: Die zweite Bewerbung war erfolgreich. Von der Entscheidung bis zum ersten Arbeitstag dauerte es etwa vier Monate.

Mona Zimmermann - von der Hausfrau zur Spendenaktionsleiterin

Zimmermann: Per Zufall die Stellenanzeige gesehen

Zimmermann: Per Zufall die Stellenanzeige gesehen

Foto: privat

Überzeugter als Mona Zimmermann kann man von seinem neuen Job nicht sein. Nach 16 langen Jahren als Hausfrau arbeitet sie heute in der Spenderneugewinnung der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) in Köln. Sie organisiert Registrierungsaktionen in Firmen und bei öffentlichen Events.

Mona hatte Betriebswirtschaft studiert und war Werbekoordinatorin einer Warenhauskette. Sie bekam zwei Kinder und hörte auf zu arbeiten. Erst als die Kinder Teenager sind, denkt sie wieder an ihre Karriere. Aber an welcher Stelle soll sie ansetzen: Marketing, Handel, Messe? Sie schreibt einige Bewerbungen an Messedienstleister. Aber die Sache will nicht recht in Gang kommen: "Heimlich habe ich immer gehofft, dass die sich nicht melden", gibt Mona im Nachhinein zu. Es fällt ihr schwer, sich aus der Rolle der Mutter hinaus- und wieder ins Berufsleben hineinzubegeben.

Mona hat ihre Eltern durch Krebs verloren und interessiert sich daher für die Arbeit der DKMS. Auf deren Internetseite entdeckt sie eines Tages eine Stellenanzeige. Sie bewirbt sich und wird in der zweiten Runde ausgewählt. Von der ersten Bewerbung bis zum ersten Arbeitstag im neuen Job vergingen etwa anderthalb Jahre, davon ein Drittel mit Warmlauf-Bewerbungen und ein Drittel durch das Auswahlverfahren beim Arbeitgeber.