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Die letzten Schlachter

Bürokratie und zu wenig Nachwuchs erschweren kleinen Betrieben ihr Handwerk

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Aus der Region: In der Nacht von Sonntag auf Montag wird bei der Fleischerei Beier in Jöllenbeck geschlachtet. Anschließend verarbeitet Daniel Beier das Fleisch weiter. | © FOTO: WOLFGANG RUDOLF

Aus der Region: In der Nacht von Sonntag auf Montag wird bei der Fleischerei Beier in Jöllenbeck geschlachtet. Anschließend verarbeitet Daniel Beier das Fleisch weiter. | © FOTO: WOLFGANG RUDOLF

24.03.2015 | 24.03.2015, 08:14

Bielefeld. Steak, Hackfleisch oder Aufschnitt - am liebsten frisch vom Metzger nebenan. Rund 120 Fleischereien gab es in den siebziger Jahren in Bielefeld, heute sind es nur noch fünfzehn. Und nur noch drei davon schlachten selbst.

"Vor rund fünfzehn Jahren waren es noch sechs bis acht Betriebe, die in Bielefeld selbst geschlachtet haben", sagt Stefan Kohring, Obermeister der Fleischerinnung. Heute sind es nur noch drei: Fleischerei Münch (Ummeln), Fleischerei Kronsbein (Jöllenbeck) und Landschlachterei Beier (Jöllenbeck).

Gründe für den Rückgang sieht Kohring neben dem Mangel an Nachwuchskräften auch in der Schließung des zentralen Schlachthofes 1999. Mit der Schließung hörten auch viele Fleischereibetriebe mit dem Schlachten auf, so Kohring.

Seit 2009/2010 müssen auch kleinere Schlachtbetriebe von der EU zugelassen werden und müssen hierfür bestimmte Richtlinien erfüllen. "Das hat natürlich auch immer mit Kosten zu tun." Zum Beispiel müsse ein Schlachtbetrieb ein eigenes Kühlhaus haben, indem nur frisch geschlachtetes Fleisch gelagert wird. Seit der EU-Zulassungspflicht sei auch verstärkt die Dokumentation hinzugekommen, sagt Kohring.

Temperaturmessungen, Hygieneauflagen, Reinigungskontrollen: "Die EU-Auflagen für kleinere Betriebe sind überzogen", sagt Fleischer Ralf Beier (49). "Für die viele Schreibarbeit könnten wir auch eine extra Arbeitskraft einstellen", sagt sein Sohn und Fleischermeister Daniel Beier. Gemeinsam führen sie die Landschlachterei in Jöllenbeck. 2002 investierten sie 100.000 Euro in eine eigene Schlachthalle in Vilsendorf. In der Nacht von Sonntag auf Montag werden hier jede Woche rund 30 Schweine geschlachtet. "Die Tiere kommen von einem Bauernhof aus Werther", sagt Ralf Beier.

"Wir werden zu diesem bürokratischen Aufwand gezwungen", sagt Fleischermeister Norbert Münch (59). Dadurch habe man kaum noch Zeit vernünftig zu arbeiten. 1982 übernahm er den Betrieb von seinem Vater. Auch Fleischermeister Willi Kronsbein (63) findet: "Das Dokumentieren ist das schlimmste Übel." Er führt den Betrieb in der dritten Familiengeneration und schlachtet einmal pro Woche Schweine, Rinder und Schafe - bei Bedarf auch öfters. Dass es Kontrollen in den Schlachtbetrieben geben muss, sei nachvollziehbar, "aber die Vorschriften müssen vertretbar sein".

Die zunehmenden EU-Richtlinien, die die großen Schlachter erfüllen müssen, wurden auf kleinere Betriebe übertragen, erklärt Kronsbein. "Da haben einige Kollegen dann aufgehört." Für ihn komme das aber momentan nicht in Frage. "Ich bin mit Herzblut dabei. Da kann ich nicht einfach sagen, ich höre jetzt auf."

Fleischereien, die nicht selbst schlachten, beziehen ihre Ware auf unterschiedlichen Wegen, so Obermeister Kohring. "Einige arbeiten mit schlachtenden Kollegen zusammen, andere beziehen ihre Ware direkt vom Schlachthof."

Für den Verbraucher sei es jedoch schwierig gutes von schlechtem Fleisch zu unterscheiden, sagt Sabine Klein von der Verbraucherzentrale. "Einen direkten Zusammenhang zwischen Preis und Qualität gibt es nicht." Im Gegensatz zum Discounter können sich die Kunden aber beim Fleischer beraten lassen, sagt Klein. "Oft weiß er, woher das Fleisch kommt und wie man es zubereitet, das kann ein großer Vorteil sein", sagt Klein.

Die Entwicklung der letzten Jahre sieht Kohring kritisch: Für kleine Betriebe werde es zunehmend schwieriger. "Es kommen immer neue Regelungen hinzu", sagt er. "Es wäre schön, wenn die Betriebe mal zur Ruhe kommen könnten."

Information

Gutes Fleisch erkennen

  • Die Oberfläche sollte nicht schmierig aussehen oder Druckstellen aufweisen.
  • Es sollte in der Regel neutral riechen, keinesfalls süßlich oder unangenehm.
  • Je marmorierter das Fleisch, desto besser ist es im Geschmack.
  • Das Fleisch sollte nahezu trocken in der Theke oder der Packung liegen.
  • Je nach Tierart ist die Farbe unterschiedlich: Rind (hell- bis dunkelrot), Schwein (rosa und hell glänzend), Wild (rot bis rotbraun).
  • Je älter das Fleisch, desto weißer beziehungsweise gelblicher wird es.

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