Kein Mensch ist Illegal - Karawane
15. - 23 Juni von Basel nach Bern
"Die Grenzen zwischen der Schweiz, Deutschland und Frankreich stellen für viele Menschen unüberwindbare Hürden dar. Im politischen und polizeilichen Visier ist die grenzüberschreitende Flucht und Migration. Die Grenzlinie ist in den letzten Jahren auf einem mehrstufigen Kontrollsystem. Längs der Grenzen wurden "Hinterland"-Kontrollen installiert, Videosysteme mit Infrarot - Anlagen aufgebaut, gemeinsame Patrouillen und Datensysteme eingerichtet. ...Wir, Menschen in der Nordschweiz, im Alsace und in Baden, lehnen die Kriminalisierung von Menschen auf der Flucht und Wanderung ab. Wir lehnen die hier stattfindende soziale, politische, kulturelle und wirtschaftliche Ausgrenzung ab, die weitere Ungleichheit schafft. Die Bewegungen de Sans-Papiers in Frankreich, Deutschland und in der Schweiz machen die prekäre Situation von Rechtlosen sichtbar..."
In diesem Zusammenhang findet am 14./15. Juni 02 im Dreiländereck ein Grenzkonzert und Demonstrationen gegen Rassismus und Ausgrenzung statt.
Die Debatte zur Frage der Papierlosen im Dezember 2001 hat im eidgenössischen Parlament zu keinem konkreten Ergebnis geführt. Das Thema wird scheinheillig unter den Deckmantel des Schweigens gehüllt. Bis heute hält der Bundesrat an der Einzelfallbehandlung der Sans-papiers fest und bestätigt mit dieser Haltung eine Vogelstrausspolitik, die von wirtschaftlichen Interessen bestimmt ist. Während alles unternommen wird, um eine schnelle und umfassende Liberalisierung des Kapital- und Warenverkehrs zu erreichen, wird kein Aufwand gescheut, um über Polizeimassnahmen, administrative Regelungen und elektronische Kontrollsysteme den Personenverkehr laufend einzuschränken. So sieht die Politik der wirtschaftlichen Globalisierung auf dem Buckel der Schwächsten aus.
Die gesamtschweizerische Koordination der Sans-Papiers organisiert die Karawane "Kein Mensch ist illegal" vom 15. -23. Juni. Der Marsch führt von Basel über Delémont nach Bern und will das Signal der Dreiländereckdemonstration, aber auch die Inhalte und Forderungen der Sans-Papier Bewegung in die Bundeshauptstadt tragen. Während ca. einer Woche zu Fuss oder per Wagen wollen wir die Bevölkerung für die Anliegen der Sans-Papiers sensibilisieren, denn
Kein Mensch ist illegal, Menschen werden illegal gemacht
Wer sind "Sans-Papiers"?
"Sans-Papiers" sind Personen, die ohne juristisch geregelten Aufenthalt und
ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz leben.
"Sans-Papiers" sind ehemalige JahresaufenthalterInnen, Saisonniers, StudentInnen
oder geschiedene Eheleute, die ihre Aufenthaltsbewilligung verloren haben,
"Sans-Papiers" sind Sexarbeiterinnen, Haushaltsangestellte oder abgewiesene
AsylbewerberInnen, die nie einen legalen Status erhalten haben.
"Sans-Papiers" sind Menschen, denen die Aufenthaltsbewilligung verweigert wurde
(im Rahmen des Familiennachzugs) oder die diese aus verschiedenen Gründen (wie
Scheidung, Arbeitslosigkeit, Misserfolg bei Examen etc.) nicht erneuern konnten.
Asylgesetz und Ausländerrecht führen zu Illegalisierung und Kriminalisierung
von migrierenden Menschen
Vom Nutzen einer "Reservearmee"
und von den Eigeninteressen der PolitikerInnen.
"Papierlose" sind kein Zufall: Die Wirtschaft nutzt die Vorteile dieses flexiblen
Reservoirs billiger Arbeitskraft: Keine Minimallöhne, keine Sozialleistungen,
keine Rechte, kein Schutz, der dem Profit mindern könnte. Die Behörden spielen
mit, wenn der ökonomische und politische Nutzen garantiert ist. Profitiert wird
auch im Reproduktionsbereich: Männer nützen die Anwesenheit von "illegalen"
Sexarbeiterinnen, Männer und Frauen die von "papierlosen" Hausangestellten.
Die Spaltung in "Legale" und "Illegale" verschärft die Konkurrenz zwischen den
Arbeitnehmenden. Die Wirtschaft kann den Preis für die Arbeitskraft drücken.
Die im Zweikreisemodell verfasste kulturrassistische Ideologie begründet diese
Spaltung und legitimiert die Diskriminierung entlang von ethnischen/nationalen
Zugehörigkeiten, indem sie die Menschen von ausserhalb Europa als nicht integrierbar
darstellt.
Ohne Grund- und Menschenrechte
Die "Sans-Papiers" haben keine Möglichkeit, legal zu arbeiten oder eine Ausbildung
zu absolvieren.
Die Kinder von "Sans-Papiers" haben keine Garantie, die Schule besuchen zu können.
Sie sind vom "guten Willen" der Gemeinden und Lehrkräften abhängig.
Das Recht auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen bleibt den "Sans-Papiers"
verwehrt.
"Sans-Papiers" zahlen Steuern und Beträge an Sozialleistungen, können diese
aber nie beziehen.
Das Recht auf Schutz der Gesundheit gilt für "Sans-Papiers" nur beschränkt,
denn jeder Spitalbesuch kann eine Meldung bei der Fremdenpolizei und die Ausschaffung
bedeuten.
Die völkerrechtlich garantierten Menschenrechte schützen die "Sans-Papiers"
nicht.
Das "Sans-Papiers"-Kollektiv
Wer als "Sans-Papiers" an die Öffentlichkeit tritt und die Bevölkerung auf die
prekäre Situation und Rechtlosigkeit aufmerksam macht, riskiert Repression.
Wer als "Sans-Papiers" für die Grundrechte kämpft, muss die Ausschaffung befürchten.
Seit Frühling 2001 machen auch in der Schweiz, wie in Frankreich, Spanien und
Deutschland, verschiedene Kollektive von "Sans-Papiers" zusammen mit UnterstützerInnen
durch Kirchenbesetzungen und andere Aktionen auf ihre prekäre Situation aufmerksam.
Die Kollektive unterstützen die "Sans-Papiers" und andere MigrantInnen in prekärer
Aufenthaltssituation im Kampf gegen die menschenunwürdige AusländerInnen- und
Asylpolitik.
Das "Sans-Papiers"-Kollektiv fordert Grundrechte für alle!
Die politischen Forderungen der
"Sans-Papiers"-Bewegung
Die "Sans-Papiers", das "Sans-Papiers"-Kollektiv, die UnterstützerInnen fordern
die kollektive Regularisierung und die umfassende Garantie der Menschenrechte
für alle sich in der Schweiz aufhaltenden Menschen.
Eine menschenwürdige Migrationspolitik
ist nur möglich,
wenn die Aufenthaltsbewilligung nicht an einen bestimmten Aufenthaltszweck gekoppelt
wird,
wenn Menschen arbeiten können, ohne ausgebeutet zu werden und ohne Angst vor
Repression und Ausschaffung,
wenn allen Menschen, auch wenn sie nur vorübergehend hier leben, die folgenden
Grundrechte gewährt sind:
Unterstützergruppen / -personen
(Stand 24.05.02)
SFB Schweizerische Friedensbewegung,
Flüchtlingsgruppe Dreifaltigkeit Bern, Solidaritätsgruppe ImmigrantInnen Bern
Solidaritätsnetz für Menschen ohne geregelten Aufenthalt Region Bern und Umgebung,
IFIR International Federation of Iraqi Refugees, Grüne Partei der Schweiz, Junge
Alternative JA!, BastA! Basels starke Alternative, Comedia Schweiz Nord-Süd-Koordination
Basel, Neue PdA Basel, Marche mondiale des femmes, Anti-WTO-Koordination Bern,
Antifa Bern, Büro gegen finstere Zeiten Bern, Infoladen Bern, GBI Bern, OSL
Organisation Socialiste Libertaire, FORUM/OSL Biel, Infoladen `Chat noir` Biel,
Grünes Bündnis Bern, Cfd Christlicher Friedensdienst, FAU Schweiz, FAU Bern,
Libertäre Koordination FAUCH/OSL Bern, Augenauf Bern, Grüne Freie Liste Kanton
Bern, Forum für die Integration der MigrantInnen - FIM Schweiz, FIZ Fraueninformationszentrum
Zürich, SP Kanton St. Gallen, SAGA Südbadisches Aktionsbündnis gegen Abschiebungen,
Asylbrücke Zug
Wenn Du bei der Karawane mitmachen willst, dann schick ein Email an sans-papiers@netiquette.ch und gib an, wieviele Personen mitkommen und allenfalls von welcher Organisation Du bist.